Stade/Hamburg. Während der Containerriese gelöscht und beladen wird, untersuchen Experten das Schiff auf Schäden. Hier die Bergung im Video.
Eine der spektakulärsten Bergungsaktionen in der Geschichte der Hamburger Schifffahrt ist geglückt: Das vor der Insel Lühesand bei Stade auf der Elbe auf Grund gelaufene Containerschiff CSCL "Indian Ocean" konnte sechs Tage nach der Havarie aus dem Schlick befreit und an seinen ursprünglichen Bestimmungsort am Eurogate manövriert werden.
Der Leiter des Cuxhavener Havariekommandos, Hans-Werner Monsees, sagte, die Kosten für die Bergung lägen im zweistelligen Millionenbereich. Getragen würden sie von den Versicherungen der chinesischen Reederei.
„Dias Abschleppmanöver ist ganz entspannt abgelaufen“, sagte Ben Lodemann von der Lotsenbrüderschaft Elbe. Die größte Herausforderung sei es gewesen, die Arbeit aller Beteiligten zu koordinieren. „Aber da jeder in seinem Bereich ein Profi ist, gab es dabei keine Probleme.“ Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) zog gegenüber der Deutschen Presse-Agentur ebenfalls eine positive Bilanz der Bergung. „Das Krisenmanagement hat hervorragend funktioniert, das Havariekommando hat beste Arbeit abgeliefert“, sagte Horch am Dienstag. „Da gibt es keinerlei Zweifel.“ Die Elblotsen hätten durch ihr besonnenes Handeln verhindert, dass der Hafen nicht mehr hätte erreicht werden können.
Zwölf Schlepper waren ab 2 Uhr im Einsatz, um einen der weltgrößten Frachter (400 Meter Länge) Richtung Hamburger Hafen zu ziehen. Bei der Aktion war Eile geboten, denn die selten günstige Konstellation aus durch die Neumondnacht begünstigter Springtide und starkem Südwestwind ließ für die Bergung unter der Leitung des Havariekommandos aus Cuxhaven nur ein schmales Zeitfenster zu. Im Vorwege waren bereits 6500 Tonnen Treibstoff und Ballastwasser abgepumpt worden, um das Schiff leichter zu machen. Außerdem wurden 65 000 Kubikmeter Sand und Schlick um das Schiff herum ausgebaggert.
Die Reederei China Shipping muss nun entscheiden, wo das Schiff repariert wird. In Hamburg gibt es kein derart großes Trockendock. Der finanzielle Verlust dürfte gewaltig sein. Nur die Kosten für den Unterhalt der "Indian Ocean" belaufen sich am Tag auf 54.000 Euro. Am Anleger Lühe machte der Kiosk „Wellenreiter“ das Geschäft des Jahres. „Eigentlich bin ich noch im Winterschlaf“, sagte Wirtin Sylke Oehr. „Wir haben erst ab Mitte März geöffnet. Aber für diese Aktion haben wir extra aufgemacht." Und ein Kunde fügte hinzu: „Der hätte wenigstens nochmal hupen können.“
Das Schiff liegt nun bei Eurogate im Waltershofer Hafen und wird gelöscht und beladen. Gleichzeitig sind Vertreter der Reederei und der Klassifikationsgesellschaft DNV GL an Bord, um die Sicherheit des Schiffs zu überprüfen. Neben einer Sichtprüfung über Wasser und im Innenraum werden auch werden auch der Propeller, das Ruderblatt und die Außenhaut des Schiffskörpers untersucht, entweder mit Tauchern oder Tauchrobotern.
Am Freitag soll das Schiff wieder auslaufen, entweder nach Zeebrügge oder nach Rotterdam, je nachdem, wo ein Liegeplatz verfügbar ist. Bis dahin sollen die Untersuchungen abgeschlossen sein. Die Ruderanlage funktioniert nach Angaben der Reederei wieder; ein elektronisches Bauteil wurde ausgetauscht. Die endgültige Genehmigung zum Auslaufen müssen die Behörden geben, wenn sie von der Seetüchtigkeit des Frachters überzeugt sind.
Lesen Sie hier den abendblatt.de-Liveticker zur Bergung der "Indian Ocean":
7.40 Uhr: Die "Union Manta" scharwenzelt noch ein bisschen um die "Indian Ocean" herum. Fest steht nun aber: Der Containerriese hat mit knapp sechsstägiger Verspätung sein vorläufiges Ziel am Eurogate erreicht. Von dort aus soll der Frachter nach Möglichkeit am Freitag aus eigener Kraft wieder in See stechen.
7.21 Uhr: Es tut sich wieder was im Waltershofer Hafen: Der Hochseeschlepper "Union Manta" fasst am Heck an.
6.52 Uhr: Zwischenfazit: Ursprünglich war mit einem mehrstündigen Manöver gerechnet worden. Doch die „Indian Ocean“ kam schon gegen 5.30 Uhr in Hamburg an.
6.33 Uhr: Die "Indian Ocean" liegt nun erst einmal vor Anker, zwischen den Schiffen "Hanjin Asia", "Hyundai Drive" und "Thalassa Tyhi".
6.15 Uhr: Aktuelle Position der "Indian Ocean": Waltershofer Hafen, Eurogate.
6.07 Uhr: Das erste große Manöver ist gelungen, die "Indian Ocean" liegt an den Finkenwerder Pfählen. Nächstes Ziel: Eurogate.
5.55 Uhr: Das ist großes Ballett! Die Schlepper bringen den Containerriesen haargenau in Position...
5.52 Uhr: Die Schlepper liegen noch in der Zeit und drehen das Schiff nun Backbord. Die "Indian Ocean" muss rückwärts in den Parkhafen.
5.39 Uhr: Die Geschwindigkeit wird gedrosselt, aktuell liegt die "Indian Ocean" bei etwa 4 Knoten (ca. 7 km/h).
5.34 Uhr: Und die Bergung läuft weiter nach Plan, jetzt nehmen die fünf verbliebenen Schlepper (Zp Boxer, Bugsier 8 und Zp Bulldog am Bug/Bugsier 10 und Sd Dolphin am Heck) mitsamt dem Koloss Kurs Richtung Parkhafen in Finkenwerder.
5.31 Uhr: "Ziiiiieeeeeh!" würden sie an der Skisprungschanze sagen. Wir sind hier aber am Wasser - und es geht nun darum, ein Containerschiff in den sicheren Hafen zu bringen.
5.11 Uhr: Gleich kommt der spannende Moment, in dem der Frosch ins Wasser rennt. Oder die "Indian Ocean" in den Finkenwerder Parkhafen einläuft. Wir werden sehen...
5.06 Uhr: Die Schlepper machen Tempo: Jetzt ist die Schiffskarawane schon bei Neßsand (Höhe Rissen). Sieht gut aus!
4.46 Uhr: Die "Indian Ocean" passiert die Insel Hanskalbsand (Steuerbord) und das Willkomm-Höft in Wedel (Backbord). Ob die Schiffsbegrüßungsanlage nun die Hymne Hongkongs spielt? Oder die chinesische? Oder gar keine?
4.40 Uhr: Nach mehr als fünf Tagen verabschiedet sich eines der weltgrößten Containerschiffe nun also von seinem unfreiwilligen Liegeplatz vor Lühesand. Einige Anwohner werden sich an den wuchtigen Frachter vor der Haustür wohl schon gewöhnt haben.
4.21 Uhr: Mit geschätzt 6 bis 7 Knoten (ca. 12 km/h) geht es für die "Indian Ocean" nun voran. Der Hochseeschlepper Fairmont Expedition macht sich wieder auf dem Weg Richtung Heimathafen Rotterdam, die Union Manta hält Stellung.
4.12 Uhr: Es wird dunkel rund ums Schiff: Die Scheinwerfer an Deck sind ausgestellt, es leuchten nur noch die Positionslichter. Das ist das Zeichen, dass nun richtig losgelegt werden soll!
Der Moment, in dem die Lichter ausgehen:
3.56 Uhr: Es wird zunehmend ungemütlich an der Elbe. Erste geparkte Autos bekommen nasse Reifen...
3.54 Uhr: Die Ballasttanks der "Indian Ocean" werden gepeilt: Hat das Schiff noch irgendwelche anderen Schäden davongetragen?
3.52 Uhr: Momentan steht das Schiff, weil es von den Ingenieuren der Germanischen Lloyd weiter untersucht wird. Der Schiffs-Tüv hat festgestellt: Die Ruderanlage konnte erfolgreich repariert werden, sie funktioniert wieder. Dennoch darf die "Indian Ocean" noch nicht aus eigener Kraft fahren, dazu fehlt die entsprechende Genehmigung.
3.46 Uhr: An Bord des Containerfrachters steigt die Spannung. Die zugestiegenen Lotsen begutachten das Schiff und nehmen die defekte Steueranlage unter die Lupe. Das relevante elektronische Teil will die Reederei austauschen, sobald die "Indian Ocean" am Eurogate liegt. Gelingt die Operation, soll der Meeresriese am Freitag den Hafen aus eigener Kraft wieder verlassen.
3.42 Uhr: Es nähert sich der nächste spannende Moment. Denn mit dem Mittleren Hochwasser, das um 4.12 Uhr gut 120 Zentimeter über Normalwert liegen soll, muss versucht werden, die "Indian Ocean" Richtung Eurogate zu ziehen.
3.39 Uhr: Die Hochseeschlepper haben je eine Zugkraft von 200 Tonnen. Zum Vergleich: Die stärksten Schlepper im Hamburger Hafen haben eine Zugkraft von bis zu 80 Tonnen. Dieser Einsatz hier und heute bietet den Schaulustigen die größte Schlepperflotte, die auf diesem Elbabschnitt jemals gesehen wurde.
3.34 Uhr: Momentan werden die Schlepper umgespannt. Heißt: Sieben Hilfsboote haben ihre Schuldigkeit getan, fünf sind weiter im Einsatz. Unter ihnen auch die Fairmount Expedition, einer der beiden Hochseeschlepper (der andere: Union Manta aus Belgien).
3.28 Uhr: Für die Bergung ist die Elbe zwischen Tonne 111 (Nordspitze Lühesand) bis Tonne 125 (Höhe Schulau) voraussichtlich noch bis um 6 Uhr für den Schiffsverkehr gesperrt. Der Luftraum ist ebenfalls weiterhin gesperrt.
3.23 Uhr: Der Frachter bewegt sich weiter und weiter Richtung Hafen. Um überhaupt eine Chance auf das Manöver zu haben, wurden in den vergangenen Tagen übrigens 6500 Tonnen Treibstoff und Ballastwasser aus der "indian Ocean" abgepumpt. Außerdem wurden 45.000 Kubikmeter Erdboden am havarierten Schiff mit Baggern ausgehoben.
3.07 Uhr: Der Plan des Havariekommandos sieht vor, die "Indian Ocean" zunächst bis zu dem Anleger Finkenwerder Pfähle im Parkhafen zu manövrieren. Dort bleibt während der Springtide nur ein kurzes Zeitfenster, um das Schiff zu drehen und ins nahegelegenen Eurogate zu bringen. Diesen eigentlichen Bestimmungsplatz hätte der Containerriese ursprünglich schon letzten Mittwoch anlaufen sollen...
Containerriese läuft vor Hamburg auf Grund
3.03 Uhr: Zeit ist in jedem Fall Geld für die Eigner des Containerriesens: Pro Tag werden für China Shipping 54.000 Euro Unterhaltkosten fällig. Das Schiff hat aktuell 6600 Container geladen.
3.01 Uhr: Zurück in der Fahrrinne nimmt die "Indian Ocean" sukzessive Kurs auf Hamburg, alles aber äußerst gemächlich.
2.52 Uhr: Sie wollen die Namen der Schlepper wissen? Bitteschön: Fairmount Expedition (Niederlande), Schleppko 7 (Deutschland), Bugsier 2, 3, 7, 8, 9 und 10 (alle Deutschland) sowie Sd Dolphin, Sd Rover, Zp Bulldog und Zp Boxer (alle Malta). Zusammen hat das Dutzend mehr als 1000 Tonnen Zugkraft.
2.48 Uhr: Jetzt kommt das 400 Meter lange Schiff wieder in Fahrt! Ziel: Eurogate im Hamburger Hafen.
2.40 Uhr: Jetzt wird der Containerriese wieder nach Steuerbord gedreht. Wir rekapitulieren: Die Schlepper konnten das Schiff freibekommen und haben es vorerst elbabwärts gezogen. Dort verharrt die "Indian Ocean" nun in Fahrtrichtung Hamburg.
2.30 Uhr: Der Frachter wurde erst um gut 40 Grad nach Backbord gedreht und rückwärts mehrere Hundert Meter in Richtung Nordsee geschleppt. Eigentlich soll das Schiff ja in den Hamburger Hafen - jetzt steht es erst einmal...
2.24 Uhr: Und die Schiffspotter brauchen ihr frühes Aufstehen nicht zu bereuern - denn die "Indian Ocean" bewegt sich tatsächlich, das Heck ist bereits frei. Ist das nach zuvor zwei gescheiterten Befreiungsaktionen jetzt der Durchbruch?
2.19 Uhr: Etwa 50 Schaulustige haben sich am Elbufer bei Grünendeich eingefunden, um das Spektakel bei aufkommendem Südwestwind live zu verfolgen.