Marne/Hamburg . Marne erwartet 20.000 Besucher zum einzigen Rosenmontagsumzug. Aber auch andernorts geht es hoch her.
„Marn’ hol fast!“, „Osna helau!“ und „Faslam!“ – mit diesen Parolen sind Norddeutschlands Narren bis Aschermittwoch auf den Straßen unterwegs. Mit traditionellen Umzügen steuert der Karneval in den Hochburgen Marne, Braunschweig, Hannover oder Ganderkesee auf den Höhepunkt zu. Um Ordnung und Sicherheit zu erhöhen, hat die Braunschweiger Polizei die Zahl ihrer Einsatzkräfte auf 850 Beamte nahezu verdoppelt. Und für die Touren selbst haben die Faschingsvereine massenweise Süßigkeiten gebunkert.
Allein in Marne (Dithmarschen) prasseln 3,6 Tonnen Kilogramm Bonbons auf die erwarteten 20.000 Zuschauer nieder. In der schleswig-holsteinischen Kleinstadt startet der Rosenmontagsumzug um 14.30 Uhr am Rathaus. „Wir sind mit 1000 Aktiven und 30 Fahrzeugen unterwegs“, sagt Heiko Claußen, Präsident und 1. Vorsitzender der Marner Karnevals-Gesellschaft. Zu erleben sei ein „Mitmachkarneval für jeden“. „Wir geben kein Motto vor und arbeiten seit Jahren Hand in Hand mit Polizei, Feuerwehren, Stadt, Geschäftsleuten und Gemeinden zusammen“, betont Claußen.
Seit der Rosenmontagsumzug vor genau 60 Jahren von Marner Gastronomen ins Leben gerufen wurde, zieht es die Nord-Karnevalisten nach Dithmarschen. Der Umzug in Marne gelte als der einzige große Rosenmontagsumzug in Norddeutschland, heißt es. Stärken können sich Besucher nicht nur an den vielen Bonbons, sondern auch an 20.000 Tüten Popcorn, 27.000 Hamburger-Speck-Seilen und 35.000 Tüten Gummibärchen.
Bereits heute kommt der „Ossensamstag“ in Osnabrück auf Touren. 100 Wagen starten um 14 Uhr an der Johanniskirche. Erwartet werden rund 50.000 Besucher. Ebenfalls heute ziehen Hannovers Narren durch die Stadt. Los geht’s um 13.11 Uhr im Maschpark (Culemannstraße). Am Ende des Umzugs mit rund 1500 Akteuren und 100.000 Zuschauern winkt ein zünftiges Bier im Brauhaus.
Die Jecken sind los – Damme feiert Karneval
Dass der Norden fast genauso gut Karneval feiern kann wie Köln und Mainz, beweist jedes Jahr Braunschweig. Nachdem der sogenannte Schoduvel im vergangenen Jahr wegen Terrorangst abgesagt worden war, stehen diesmal die Signale auf Grün – vorausgesetzt, Wind und Wetter spielen mit. „Jetzt erst recht!“ heißt deshalb das Motto von Norddeutschlands größtem Karnevalsumzug, der sich am Sonntag, 12.40 Uhr, am Braunschweiger Europaplatz in Bewegung setzt. Dazu werden 6000 Akteure und rund 250.000 Besucher erwartet. Das NDR-Fernsehen überträgt den Umzug live ab 13 Uhr.
Braunschweigs Oberbürgermeister Ulrich Markurth glaubt, dass immer mehr Einheimische schon seit ihrer Kindheit mit dem „Karnevalsvirus infiziert“ seien; die „närrische Lebensfreude“ lasse man sich deshalb von niemandem nehmen. Ein Umzugswagen wird speziell die Terrorgefahr in Deutschland thematisieren. Das diesjährige Event werde ohnehin Zeichen für Toleranz setzen und „zeigen, dass der Karneval auch Religionen verbinden kann“, ergänzt Braunschweigs Zugmarschall Gerhard Baller. Mit der doppelten Anzahl von Einsatzkräften und zusätzlicher Videoüberwachung stellt sich die Braunschweiger Polizei auf das Ereignis ein. Konkrete Gefährdungshinweise gab es zunächst nicht.
Dass der Braunschweiger Karneval Schoduvel heißt, geht auf den germanischen Brauch der Wintersonnenwende zurück. Mit Lärm, Verkleidung und schreckhaftem Gebaren wurden einst die bösen Geister vertrieben. „Scho“ steht dabei für „scheuen“ und „Duvel“ für Teufel. Im Mittelalter war das „Scheuchen des Teufels“ mit derbem Schabernack gegenüber den Mitmenschen verbunden.
Der Landtag in Hannover hat Karneval zum immateriellen Kulturerbe erklärt
Drei tolle Tage erwartet auch das niedersächsische Ganderkesee. Der „Fasching um den Ring“ setzt sich am heutigen Sonnabend, 14 Uhr, im Ortskern mit 100 Festwagen, Fußgruppen und Musikzügen in Bewegung. Die Veranstalter raten Besucher, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Das närrische Treiben in Niedersachsen findet sogar im Landtag breite Anerkennung: Das niedersächsische Parlament hat per Beschluss den Karneval zum gesellschaftlichen Brauchtum erklärt, mit dem „immaterielles Kulturerbe“ in besonderer Weise zum Ausdruck gebracht werde.
Auch Stöckte (Winsen/Luhe) stellt sich ein auf den karnevalistischen Ausnahmezustand – und erwartet am Sonntag rund 30.000 Besucher. Los geht es um 12 Uhr im Querweg. „Wir feiern diesmal viele Jubiläen“, sagt Pressewartin Linda Wotka vom Verein Faslamsbrüder Stöckte. Die sind willkürlich gewählt und reichen von 500 Jahre deutsches Reinheitsgebot bis zu 90 Jahre Winnie Puuh. „Natürlich haben wir auch politische Themen wie VW-Abgasskandal und der erloschene Traum von Olympia nach der gescheiterten Hamburg-Bewerbung.“