Großstadt oder Umland? Wir vergleichen Hamburger Stadtteile mit angrenzenden Kommunen. Heute: Finkenwerder und Jork.

In der Gemeinde Jork ticken die Menschen noch anders. Hier scheint die Zeit langsamer zu verlaufen – die Menschen sind weniger gestresst. So empfindet es Sina Köpcke, die Tochter eines Altländer Obstbauern, die hier aufgewachsen ist.

Die Landstraße bahnt sich meanderähnlich ihren Weg im Alten Land. Links türmen sich sattgrüne Deiche auf, rechts schmücken Äpfel in allen Schattierungen von Grün bis Rot die Felder. Scheinbar endlose Reihen von Obstbäumen erstrecken sich entlang der Straße. Zwischen dem allgegenwärtigen Grün postieren sich ab und zu bunte Schilder wie: „Helmuts frische Erdbeeren in 300 m rechts“ oder „Frische Birnen! Das Kilo ab 2,50 Euro“. Inmitten dieser durch die Elbe und den Obstanbau geprägten Landschaft liegt die Gemeinde Jork.

Sina Köpcke will nicht in der Großstadt alt werden, sondern auf dem Land

Sina Köpcke, deren Eltern einen Obsthof führen, weiß, was sie am Landleben hat. „Hier ticken die Uhren einfach noch anders. Zu Besuch hier auf dem Hof kann ich wirklich zur Ruhe kommen“, sagt sie.

Vergleichsmöglichkeiten hat die 20-Jährige. Seit sie vor zwei Jahren nach Berlin gezogen ist, um dort zu studieren, kennt sie beide Arten zu leben. Zwar gefällt ihr Berlin – aber alt werden in der Großstadt? Das kann sich die Studentin nicht vorstellen. „Nein. Für meine Kinder wünsche ich mir Platz zum Spielen und die Freiheit hier im Alten Land, die ich selber genießen konnte.“ Die Nähe zu Hamburg sei ja trotzdem gegeben. „In der Stadt herrscht totale Anonymität. Hier kennt jeder jeden“, sagt sie. „Auch dass die Familien hier noch stark eingebunden sind, mag ich. Wenn ich mit Freunden auf dem Hof grille, sitzen mein Vater und meine Mutter nicht selten mit dabei.“ In Berlin kennt sie die Eltern ihrer Freunde nicht.

Sina Köpcke inmitten der Obstwiesen ihrer Familie
Sina Köpcke inmitten der Obstwiesen ihrer Familie © HA | Aline Braun

Gerade diese Verbundenheit zu ihren Mitmenschen hier im Alten Land ist es, die ihr sehr am Herzen liegt. Auch Hofherr Heinz Köpcke findet, der größte Pluspunkt an seinem Leben seien die Menschen um ihn herum. „Hier ist alles noch sehr familiär“, sagt Sina Köpcke. Die Freundschaften, die die 20-Jährige hier geknüpft hat, seien beständiger als die, die sie in der Großstadt schließt. „Auch wenn ich meine Kindheitsfreunde lange nicht sehe, fühle ich mich dennoch stets mit ihnen verbunden“, sagt die Studentin.

„Zugegeben. Früher habe ich manchmal gedacht: Landleben? Wie schrecklich! Jetzt weiß ich es zu schätzen“, sagt Sina Köpcke. Überaltert sei ihre Gemeinde nicht. Natürlich gebe es auch einige ältere Anwohner, aber häufig ziehe es auch junge Familien hierher ins Alte Land. „Das sieht man doch an den großen Neubaugebieten in Jork. Ich denke, die Menschen suchen nach einer räumlichen Trennung von Arbeit und der Freizeit mit ihrer Familie.“

Jork in Zahlen

 

Einwohner: 11.571

 

Durchschnittsalter: 43,3 Jahre

 

Anteil Rentner:Anteil der Empfänger von Ruhegehalt 19,4 Prozent

 

Anteil Unter-18-Jährige:19,4 Prozent

 

Hartz-IV-Empfänger:3,7 Prozent

 

Familiengröße: 3 Personen pro Haushalt

 

Durchschnittseinkommen: 21.162 Euro

 

Kita-Preis pro Monat: Ganztagsplatz 120 bis 300 Euro (einkommensabhängig), Vormittagsplatz 90 bis 200 Euro

 

Kita-Betreuungsschlüssel:Krippe: 1:5, Elementar: 1:12,5

 

Kita-Öffnungszeiten: Elementar 7.30 bis 18 Uhr, Krippe 8 bis 16 Uhr

 

Durchschnittliche Grundstückspreise:: 150 bis 250 Euro, je nach Ortslage

 

Durchschnittsmiete: Durchschnittsmiete: 7,26 Euro pro Quadratmeter

 

Durchschnittliche Wohnungsgröße: 111 Quadratmeter

 

Nahverkehrsangebot: Bus 257 Richtung Neugraben. Von dort mit der S 3 Richtung Pinneberg nach Harburg und Hamburg. Die Fahrtzeit beträgt zwischen 50 und 60 Minuten. Bis zum Hauptbahnhof sind es weitere 15 Minuten. Bus 2357 verbindet Jork mit Stade. Dort besteht Anschluss an die Regional- und S-Bahn

 

Preise: Bier (0,3 Liter) 2,60 Euro, (0,4 Liter) 3,30 Euro. Brötchen beim Bäcker ab 35 Cent

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Bei aller Liebe zur Heimat gebe es dennoch auch Nachteile. „Am meisten bin ich eigentlich von der fehlenden Mobilität genervt“, sagt die Studentin. Es könne vorkommen, dass der nächste Bus Richtung S-Bahn oder Stadt erst in zwei Stunden wieder fährt. „Wenn man dann doch mal den Weg zum Hamburger Kiez auf sich nimmt, dann heißt es durchhalten! Verpasst man die Bahn um halb vier, muss man bis halb sechs weitertanzen.“

Die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel spielt auch in der Schulzeit der Kinder und Jugendlichen eine wichtige Rolle. Ein Gymnasium gibt es in Jork nicht. Für ihr Abitur musste die jetzige Studentin Sina jeden Morgen nach Stade fahren. Dort besuchte sie das Athenaeum. „Mit dem Bus dauerte der Schulweg ungefähr 40 Minuten, mit dem Auto eine Viertelstunde“, sagt sie. Gestört habe sie sich an der Entfernung nicht. Denn eine Alternative gab es ohnehin nicht. Das nahe gelegene Vincent-Lübeck-Gymnasium bedient ein anderes Einzugsgebiet.

Trotz der eingeschränkten Mobilität und der längeren Fahrwege: Für Sina gibt es keinen Zweifel, dass das Landleben großartig ist. Sie bringt es auf den Punkt: „Einmal Dorfkind – immer Dorfkind“.

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