Volle Strände im Norden, ausgebuchte Hotels. Doch der Ansturm hat auch Nachteile. Ist ein Urlauberstopp für deutsche Inseln sinnvoll?
Borkum/Rügen. Im Sommer ziehen die deutschen Inseln Rügen, Sylt, Borkum oder Usedom in puncto Attraktivität mit ihren Mittelmeer-Konkurrenten gleich. Die Strände an Nord- und Ostsee sind voll, die Hotels ausgelastet. An einen Urlauberstopp – wie derzeit kontrovers auf Mallorca diskutiert – denkt niemand, auch wenn der Ansturm Hunderttausender Sonnenhungriger zwischen Borkum und Rügen auch seine Kehrseiten hat.
So wird das Wort „Massentourismus“ an der niedersächsischen Nordseeküste nicht so gern gehört. „Uns geht es schon lange um mehr Klasse statt Masse“, sagte Carolin Wulke von der Tourismusgesellschaft „Die Nordsee“. Daran sind 20 Urlaubsziele wie die sieben ostfriesischen Inseln und 13 Küstenorte an der Nordsee angeschlossen. Mehr als 22 Millionen Übernachtungen zählt die Region pro Jahr.
Vor einigen Jahren hatten Untersuchungen klare Tourismus-Defizite an der Nordsee aufgezeigt - auch vor dem Hintergrund der Konkurrenz an der Ostsee. Danach reichte das Angebot in den niedersächsischen Urlaubsgebieten nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen der Gäste. Vielerorts müsse modernisiert werden, monierten Kritiker.
Sommerurlaub an Nord- und Ostsee
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Nun soll kräftig gegengesteuert werden: Nachhaltigkeit heißt die offizielle Devise für die Zukunft. Touristiker auf Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge verweisen gern auf Naturerlebnis- und Gesundheitsangebote sowie auf umweltfreundliche Anfahrtsmöglichkeiten per Bahn. „Umwelt, Natur, Nachhaltigkeit und Gesundheit sind die großen Zukunftsthemen“, sagte der Leiter der Nationalparkverwaltung Peter Südbeck.
Naturschutzverbände sehen zwar angesichts der Nähe zum sensiblen Wattenmeer Konflikte durch den Urlaubsbetrieb vorprogrammiert und warnen vor Störungen, etwa bei der Trendsportart Kite-Surfen. Konkrete Instrumente zur Begrenzung des Tourismus wie eine Abgabe sind jedoch an der Nordseeküste nicht in der Diskussion. „Die Saison ist kurz. Davon müssen alle leben, deshalb ist es schwierig, die Besucherzahlen einzuschränken“, sagte Wulke.
Auf Sylt geht es entspannt zu
Ähnlich sieht das Wilhelm Loth vom Staatsbad Norderney: „Wir sind hier in einer Sonder-Situation. 85 Prozent unserer Insel gehören zum Nationalpark Wattenmeer. Pure Natur, unbebaubar: Das begrenzt den nutzbaren Raum für die touristische Infrastruktur.“ Bettenauslastung, Kapazität der Fähren und beim Flugverkehr - all das seien natürliche Einschränkungen auf Norderney. Dort leben 6000 Einwohner, die Zahl der Gästebetten liegt bei 23 000.
Eine Reglementierung der Besucherströme hält auch Kur- und Tourismusdirektor Christian Klamt auf der größten ostfriesischen Insel nicht für nötig. „Borkum ist sehr weitläufig: 120 Kilometer ausgebaute Rad- und Wanderwege sowie endlose Sandstrände, verschiedene Badestrandabschnitte und ein dezentrales Freizeitangebot.“ Auch sein Sylter Kollege kann keine Parallelen zur Insel Mallorca entdecken. Auf Sylt gehe es, anders als auf den Balearen, entspannt zu, findet Tourismusdirektor Peter Douven.
Tropisch: Sommer-Hitze in Deutschland
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Dagegen platzen vor allem die Seebäder der Ostseeinseln Rügen und Usedom im Sommer aus allen Nähten – bei Regentagen sind die Straßen verstopft, bei Sonnentagen finden die Urlauber nur mit Mühe Parkplätze in Strandnähe. Karsten Schneider (parteilos), Bürgermeister des größten Rügener Ostseebades Binz, wünscht sich mehr kommunale Steuerungsmöglichkeiten. „Wir müssen vor allem das ungezügelte Wachstum von Ferienwohnungen begrenzen“, sagte Schneider. Eine Reglementierung der Urlauberströme hält er aber für nicht möglich und auch nicht gewollt.
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