Aumühle. Besucher mit Kindern entdecken giftige Schlange im Sachsenwald. Die Freizeiteinrichtung will jetzt Info-Tafeln aufstellen.

Nach einem Kreuzotterfund auf dem Gelände des Kletterparks Sachsenwald (Schleswig-Holstein) zieht der Betreiber Konsequenzen. Die „schnurstracks Aktiv GmbH“ will jetzt erstmals mit Schautafeln über diese giftigen und besonders geschützten Tiere aufklären. Außerdem hat die Geschäftsführung per E-Mail alle 41 Mitarbeiter informiert und Verhaltenshinweise im Fall eines Schlangenbisses gegeben. Alle Mitarbeiter seien in der Ersten Hilfe erfahren, hieß es. „Wir möchten den Hinweis nutzen, um unseren Gästen noch mehr den Wald und seine Lebensbewohner näher zu bringen“, sagte „schnurstracks“-Chef Albrecht Stroop. „Um den Wald und seine Bewohner zu verstehen und zu achten, brauchen wir keine Angst zu haben. Unsere Gäste haben die einmalige Gelegenheit, etwas Neues zu entdecken.“

Völlig überraschte Besucher mit kleinen Kindern hatten vor einigen Tagen eine Kreuzotter (Vipera berus) im Kletterpark entdeckt, zweifelsfrei erkannt und fotografiert. Der Nabu in Schleswig-Holstein bestätigte auf Abendblatt-Anfrage, dass das Vorkommen von Kreuzottern im Sachsenwald, aber auch in der Geest, nicht ungewöhnlich sei. Von einer Zunahme der Population könne allerdings nicht die Rede sein, sagte der Plöner Nabu-Experte Carsten Pusch. Sie fänden immer weniger angemessenen Lebensraum. Dazu komme die direkte Verfolgung der sehr scheuen Tiere durch den Menschen.

Die bis zu 90 Zentimeter lange Schlange steht auf der „Roten Liste“ der gefährdeten Arten und ist überwiegend tagaktiv. Das Zickzackband auf dem Rücken und die seitlichen Fleckenreihen sind bei den Männchen schwärzlich und scharf abgesetzt.

Nur wenn sich die Schlange bedroht fühle, greife sie den Menschen an und beiße zu, ergänzt Hamburgs Nabu-Sprecher Bernd Quellmalz. „Ihr Gift zählt zu den starken Schlangengiften.“

Bei Warnbissen gebe die Kreuzotter nur einen Teil ihres Giftes ab, was in den meisten Fällen noch unbedenklich sei. Um einen Menschen zu töten, seien rund fünf Bisse der Kreuzotter notwendig. Im medizinischen Standardwerk „Vergiftungen im Kindesalter“ heißt es: „Typische Allgemeinsymptome nach einem Kreuzotterbiss sind: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen.“ Auffällig seien zudem „panikartige Angstreaktionen“, die die weitere Vergiftungsbildung mitbestimmen könnten. Jeder von einer Kreuzotter gebissene Patient sollte mindestes 24 Stunden stationär überwacht werden. Todesfälle seien aber die absolute Ausnahme.

Wie Dominic Wichmann, Intensivmediziner im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), berichtet, sind die Bisse allerdings umso gefährlicher, je kleiner der gebissene Mensch ist. Todesfälle seien ihm allerdings in den vergangenen zehn Jahren nicht bekannt. Pro Jahr behandelt das UKE in Hamburg rund vier Patienten nach dem Biss einer Kreuzotter. „Die Patienten sind meist in Todesangst.“ Oft genüge der Einsatz von Schmerzmitteln oder eines Antiserums. Wichmann begrüßte die Initiative des Kletterparks im Sachsenwald, mit Schautafeln die Aufklärungsarbeit zu verbessern. Nach Angaben von Martin Ebbecke, Leiter des Giftzentrums Nord mit Sitz in Göttingen, gibt es in Mecklenburg-Vorpommern größere Kreuzotter-Populationen. Im Falle eines Bisses rät er, an den Wunden nicht zu manipulieren, Bewegungen zu vermeiden und einen Arzt zu rufen.

Im Blick auf die Urlaubssaison in Mecklenburg-Vorpommern rät das Landesamt für Gesundheit und Soziales mit Sitz in Rostock, dass die Tiere in keinem Fall angefasst oder gefangen werden sollten. „Viele Bisse in die Hände von Kindern gehen auf solche Versuche zurück. Auch gut gemeinte Aktionen, wie Schlangen von einer aufgewärmten Straße zu verscheuchen oder gar tragen zu wollen, sollten deshalb unbedingt unterbleiben“, warnt Biologe Kai Gloyna von der Abteilung Prävention. Zur Vermeidung von Schlangenbissen seien hohes, festes Schuhwerk und lange Hosen vorteilhaft.

Nach Nabu-Angaben leben in Norddeutschland drei Schlangenarten. „Die Ringelnatter ist die häufigste Art, sie lebt vor allem in der Nähe von Gewässern. Dazu kommen die seltene und vom Aussterben bedrohte Schlingnatter und die einzige Giftschlange im Norden – die Kreuzotter.“

Verbreitet sind diese Tiere vor allem auf der Insel Rügen und auf Hiddensee. In Schleswig-Holstein sind die Kreuzottern an stark begangenen Wanderwegen wie dem Nord-Ostsee-Kanal, im Eidertal und in Mooren zu finden, sagt Nabu-Experte Carsten Pusch. Offenbar kommt es bei den Spaziergängern immer wieder zu skurrilen Verwechslungen. „Uns werden manchmal Blindschleichen, Molche und sogar Regenwürmer als ,Giftschlange‘ gemeldet“, sagt Pusch.