In Bremen, Hamburg und Braunschweig fanden am Abend friedliche Protestaktionen für Vielfalt und Toleranz statt. Am Wochenende kam es in Ostdeutschland zu Übergriffen auf Asylbewerber.

Hannover/Bremen/Hamburg. Trotz teils widriger Wetterverhältnisse haben mehr als 10.000 Menschen in Norddeutschland bei Anti-Pegida-Demonstrationen in Norddeutschland ein Zeichen für Toleranz gesetzt. Nach Polizeiangaben versammelten sich etwa 7.000 Menschen allein auf dem Bremer Marktplatz.

In Hamburg gingen mehrere Hundert Menschen bei eibem erneuten Alsterspaziergang für Toleranz auf die Straße. Zeitgleich fanden in mehreren Städten Proteste von Ablegern des Dresdener Bündnisses Pegida statt. In Hannover protestierten zugleich Tausende gegen die Gruppe „Hagida“, einen Ableger der islamkritischen „Pegida“-Bewegung. Die rund 200 Teilnehmer sahen sicheiner weitaus größeren Zahl von 2.000 Gegendemonstranten gegenüber. In Braunschweig versammelten sich etwa 2500 Pegida-Gegner, die Pegida-Anhänger kamen auf rund 200 Teilnehmer. Anders als vergangene Woche konnten die Pegida-Anhänger allerdings zu einem kurzen Demonstrationszug starten. Allerdings war nach nach 150 Metern Schluss. Zu viele Gegendemonstranten hatten sich ihnen in den Weg gestellt. „Haut-ab“-Rufe ertönten. Zu gewaltsamen Zusammenstößen kam es bis zum Abend offenbar nicht.

Bunte Scheinwerfer, „Haut ab“-Rufe

Die Gegendemonstranten verliehen ihrer Forderung nach Toleranz in vielfältiger Form Ausdruck. In Bremen tauchten Scheinwerfer die Gebäude am Marktplatz in buntes Licht. An der historischen Domfassade verkündete ein riesiges Banner „Bremen ist bunt! Wir leben Vielfalt“. Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) sagte: „Da aktuell beinahe überall Terrorismus und Fremdenfeindlichkeit zunehmen, ist es an der Zeit, sich seiner Tugenden neu zu besinnen.“ Dort, wo Respekt vor Vielfalt und vor der Verschiedenartigkeit von Glauben und Kultur einkehrten, hätten Hass und Gewalt auf Dauer keine Chance.

In Hannover begannen die Anti-„Hagida“-Proteste mit einem interreligiösen Friedensgebet in der evangelischen Marktkirche, an dem rund 1.000 Menschen teilnahmen. Die Polizei bestätigte, dass der Initiator von „Hagida“ in der rechtsextremen Szene aktiv ist. Zu den Protesten gegen die islamfeindliche Gruppierung hatten in beiden Städten Bündnisse aus Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Vereine und Verbände aufgerufen.

Die Braunschweiger Bragida-Organisatoren hatten sich vor der Kundgebung von Rechtsextremen, Neonazis und Hooligans unter den Teilnehmern distanziert. „Wir lehnen das eindeutig ab. Sie sind nicht erwünscht. Aber sie kommen eben erst einmal“, sagten sie der „Braunschweiger Zeitung“ . Ordner seien angewiesen, „diese Leute nicht mehr unter die Bragida-Demonstranten zu lassen.“ Nach Polizeiangaben waren weniger Teilnehmer der rechten Szene zuzurechnen als vergangene Woche.

Übergriff auf Asylbewerber in Dresden

In Dresden ist unterdessen Asylbewerber von mutmaßlichen Rechtsextremisten überfallen worden. Wie die Polizei am Montag mitteilte, schlugen vier Unbekannte am Sonntagabend in einer Straßenbahn auf den Libyer ein. Dabei habe ein Angreifer den Hitlergruß gezeigt und „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ gerufen. Der Asylbewerber konnte schließlich fliehen. Das auf extremistische Taten spezialisierte Operative Abwehrzentrum ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und sucht nach Zeugen.

In Chemnitz wurde ein 36-jähriger Asylbewerber aus Tunesien am Sonntagabend von mehreren Unbekannten zusammengeschlagen und schwer am Kopf verletzt. Zeugen beobachteten, wie die Angreifer anschließend in zwei Autos verschwanden. Am Tatort wurde ein Metallrohr als mögliche Tatwaffe sichergestellt. Wie die Polizei mitteilte, könnte es sich bei den Tätern um Tschetschenen gehandelt haben. Das Motiv sei unklar. Auch hier werden Zeugen gesucht.