Im Schatten der Frauenkirche tanzen 25.000 Menschen jeglicher Herkunft zu Sambaklängen, Rock und Pop. Das Bürgerfest hat eine klare Botschaft: Dresden ist bunt und weltoffen.
Dresden. Trotz Überfüllung offen - weltoffen. Zum Bürgerfest für Toleranz vor der Dresdner Frauenkirche platzt der Neumarkt aus allen Nähten. Zehntausende sind gekommen, um Künstler und Bands wie Herbert Grönemeyer, Wolfgang Niedecken, Gentleman, Silly und Keimzeit zu hören. Alle wollen ein Zeichen setzten. „Liebe, Hoffnung, Humanismus, Nächstenliebe” - in bunten Farben stehen die Worte, von Lasern projiziert, auf der Kuppel der Kirche.
Selbst Martin Luther, der in Bronze vor dem wiederaufgebauten Gotteshaus steht, trägt Warnweste - das Zeichen der Menschen, die seit Wochen immer im Anschluss an die Demonstrationen der Pegida die Stadt symbolisch mit Besen von Intoleranz und der Angst vor dem Fremden reinigen.
In den umliegenden Hotels und Wohnhäusern an dem historischen Platz schauen die Menschen aus den Fenstern. Unten wird getanzt: „Offen und bunt” - wie das Motto ist das Fest. Als der Neumarkt keine Menschen mehr fasst, werden die trotz einsetzenden Regens weiter strömenden Besucher auf den nahe gelegenen Theaterplatz vor der Semperoper umgeleitet, wo das Konzert auf eine Großleinwand übertragen wird.
„Wir haben uns bemüht, dass es warm wird, vor allem ums Herz”, sagt Gerhard Ehninger vom Verein „Dresden - Place to be”, der seit vergangenem Jahr Paten an ausländische Arbeitnehmer und Studenten in der Stadt vermittelt und der das Fest organisiert hat. Zwischen Idee und Realisierung lagen nur vier Wochen. Mitstreiter fand der Verein im Bündnis „Dresden für alle” und der Initiative der Kulturschaffenden für ein „weltoffenes Dresden”.
Rund 500 Akteure - geborene oder zugezogene Dresdner und der Stadt verbundene Menschen - engagieren sich, damit nicht allein mehr Pegida das Bild von Dresden in der Welt prägt. Musiker, Künstler und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens präsentieren ihre Stadt bunt, weltoffen, tolerant - trotz strömenden Regens. Selbst die weltberühmte Silhouette der barocken Altstadt erstrahlt in vielen Farben.
Mehrere junge Frauen diskutieren in der Menge mit Demonstranten, die sich als Pegida-Anhänger zu erkennen geben. Diese haben Deutschland- und Sachsenfahnen mitgebracht oder Plakate mit Aufschriften wie „Der Islam gehört nicht zu Sachsen”. Die Stimmung bleibt entspannt, zumal die verbale Verständigung allein aufgrund der lauten Musik schwerfällt.
Die selbst ernannten Patriotischen Europäer hatten ihre Anhänger zum Konzertbesuch ermuntert und die eigene Kundgebung auf den Sonntag vorverlegt. „Heute Abend schon was vor?”, stand auf der Facebook-Seite der Pegida-Organisatoren - daneben ein zwinkernder Smiley. Diejenigen, die diesem Aufruf gefolgt waren, gingen in der Masse der Menschen unter, die Papierfahnen verschiedener Länder hochhielten und die Aufrufe auf der Bühne zu Respekt und Menschlichkeit beklatschten.
Im Regen hüpften sie mit Gentleman, ließen für Adel Tawil die Handys leuchten und schwenkten bei „Mensch” von Herbert Grönemeyer die Hände über den Köpfen. Die Finanzierung des viel größer als ursprünglich geplanten und damit auch teuren Festivals wird rein privat gestemmt, daher werben die Organisatoren um Spenden. Denn „bunt und offen” soll es in Dresden weitergehen - bis Pegida Geschichte ist.