Beim Neujahrsempfang der Elbvororte im Haus Rissen bezog der ehemalige Bürgermeister klar Stellung zu der islamfeindlichen Bewegung. „Man fragt sich, ob die Leute noch alle Tassen im Schrank haben.“
Rissen. Ex-Bürgermeister Ole von Beust hat sich mit deutlichen Worten in der Diskussion um die umstrittene islamfeindliche Pegida-Bewegung zu Wort gemeldet. Er wundere sich über die plötzlich aufkommenden Aggressionen und Emotionen bei den Menschen, sagte von Beust vor rund 120 Gästen beim Neujahrsempfang des Unternehmerverbundes der Elbvororte im Haus Rissen. "Wenn man heute Nachrichten guckt, fragt man sich, ob diese Leute noch alle Tassen im Schrank haben", sagt von Beust.
Der Unternehmerverein der Elbvororte mit derzeit 48 Mitgliedern stellt eine Plattform für Unternehmer und Führungskräfte zur Verfügung, um Kontakte auf- und auszubauen. Von Beust war Gastredner zu dem Thema Hamburgs wirtschaftliche Herausforderungen, doch zuvor sprach er überraschend zu dem aktuellen Pegida-Phänomen.
Er habe sich in letzter Zeit oft gefragt, woran es liege, dass Menschen so unvernünftig und emotional reagieren, nach Ende des Kalten Krieges und nach dem Mauerfall habe ihn diese Entwicklung nun erstaunt. Wenn es um Ausländerfeindlichkeit gehe, sei dies "widerlich und eklig", und natürlich abzulehnen, so von Beust. Auf der anderen Seite gebe es viele Menschen, die in einem dumpfen Unbehagen das Gefühl hätten, irgend etwas sei nicht in Ordnung. "Ich glaube, dass viele Menschen viel mehr mit der Globalisierung überfordert sind, als sie zugeben wollen."
Als Ursache für die Pegida-Bewegung und die Demonstrationen macht der frühere Bürgermeister fehlende Ziele aus. "Es fehlt im Moment an das Land vereinenden Zielen." Die Menschen seien auf der Suche nach Zielen, für "die man brennt, für die man streiten kann", so von Beust. Die Frage sei doch, wo solle das Land, wo auch Hamburg in zehn Jahren stehen. Als eine Antwort darauf nennt von Beust etwa eine Rückbesinnung auf europäische Werte, "auf Freiheitsrechte, auf ein Netzwerk der Geborgenheit durch den Staat, Werte, für die man brennen könnte", statt dessen werde über das Für und Wider von Hilfen für Griechenland diskutiert. Man müsse den Menschen, den Zweiflern, die einfach "Dampf ablassen wollen", zuhören, eben Ziele definieren und den Standort des Landes bestimmen, forderte er. Als Politiker lebe man in einer Kaste, die von der Wirklichkeit entfernt sei .
Auch auf Hamburgs Wirtschaftsituation ging von Beust schließlich ein. Sie sei nicht schlecht, aber "der Hafen ist kein Selbstgänger." Auch hier brauche man klare Ziele, wo die Stadt in zehn Jahren stehen solle. "Da fehlt es derzeit an Kreativität", sagte von Beust, der als Rechtsnwalt eine Consulting-Firma in Hamburg und Berlin betreibt. Der wirtschaftliche Erfolg einer Stadt hänge auch vom Ruf als Wissenschaftsstandort ab Er schlägt die Ansiedlung von skandinavischen Firmen vor, Patenschaften etwa im Uni-Bereich, ("Da hat Hamburg noch nicht den Stellenwert, den die Stadt haben sollte"), eine Achse "Hamburg-Berlin", wo man mehr gemeinsame Projekte verfolge. Er habe gute Mandate sagte von Beust. Und über seine Firma und die Selbstständigkeit humorvoll: "Mal läuft es bombig", und er sehe sich schon als Millionär, "mal grausig."