Bei „beRATen“ können sich Menschen melden, die Angst haben, dass sich Angehörige oder Verwandte radikalisieren. Auch eine Telefonhotline wird geschaltet.
Hannover. Dass es Nachholbedarf gibt, um den Zulauf zu den Salafisten zu bremsen, hat die niedersächsische Landesregierung schon vor Jahresfrist festgestellt. Aber erst jetzt wird eine neue Präventionsstelle eingerichtet gegen die neo-salafistische Radikalisierung. „beRATen“ heißt das Projekt in privater Trägerschaft unter Beteiligung der beiden islamischen Verbände DITIP und Schura aber auch der Universität Osnabrück.
Die CDU/FDP-Landesregierung hatte die Präventionsarbeit noch beim Verfassungsschutz angesiedelt, die jetzt zuständige Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) geht nun ausdrücklich einen anderen Weg, weil es für Mütter von Jugendlichen ein unlösbarer Konflikt sein kann, ihre Kinder der deutschen Polizei zu melden oder anderen Behörden.
„Keiner, der wegen der Radikalisierung eines Angehörigen beunruhigt ist, muss mehr Angst haben, dass er diesen dem Verfassungsschutz ausliefert“, sagt der niedersächsische Ditip-Vorsitzende Yilmaz Kilic. Und auch der Schura-Chef Avni Altiner bedankte sich ausdrücklich für den jetzt respektvollen Umgang mit den muslimischen Bürgern in Niedersachsen.
Der frühere Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte mit anlasslosen Kontrollen von Moscheebesuchern die Muslime aber auch die christlichen Kirchen gegen sich aufgebracht. Dass es von der Grundsatzentscheidung für das neue Projekt bis zur Realisierung ein Jahr dauerte, lag erklärtermaßen auch daran, dass die Muslim-Verbände zögerten, eben wegen der schlechten Erfahrungen mit Schünemann.
Das Land fördert das Projekt mit 300.000 Euro jährlich, eine Telefonhotline wird geschaltet, auch mit dem Ziel, Ratsuchenden Kontakt zu Fachleuten zu vermitteln. Dabei soll sichergestellt werden, dass die Anrufer auf Gesprächspartner treffen, die Türkisch, Arabisch oder auch Russisch mit ihnen sprechen können.