Der Hamburger Verfassungsschutzchef Torsten Voß fordert, alles zu tun, damit junge Menschen nicht in den Extremismus gleiten. Innenminister beraten Strategien gegen Salafismus.

Hamburg. Die Innenminister von Bund und Ländern wollen den Zulauf zur islamistischen Szene in Deutschland bremsen. Deshalb steht im Mittelpunkt der zweitägigen Innenministerkonferenz in Köln der Ausbau der Präventionsarbeit. Ziel ist es, ein bundesweites Konzept zu erarbeiten, mit dem das Abgleiten in die salafistische Szene verhindert werden soll.

Auch der Hamburger Verfassungsschutzchef Torsten Voß betonte die Bedeutung der Präventionsarbeit: „Wir müssen mit allen gesellschaftlichen Kräften verhindern, dass junge Menschen in den Extremismus abgleiten.“ Dabei seien Familien, Schulen, Vereine, Verbände und Behörden gefragt. „Wenn wir als Sicherheitsbehörden die Information bekommen, dass jemand in den Dschihad ziehen will, ist es eigentlich zu spät. Dann können wir die Ausreise verhindern, womöglich auch nur verzögern, aber der Schalter im Kopf ist bereits umgelegt“, so Voß.

„Wir müssen unbedingt verhindern, dass sich weiterhin so viele junge Menschen so schnell radikalisieren“, sagte auch Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) gegenüber „Spiegel online“. Als beispielhaft gelte, so Beuth, unter anderem das hessische Modell, das die Einbeziehung von Kommunen, Vereinen und Verbänden vorsieht. Hessens Innenminister will aber künftig auch die Moschee-Gemeinden und Islamverbände stärker einbinden: „Wir müssen diese Gruppen für Sicherheitsfragen sensibilisieren.“ Das werde gelingen, „wenn muslimische Organisationen erkennen, in welchem Ausmaß Salafisten ihre Religion missbrauchen und diskreditieren“.

Innenminister rechnen mit knapp 7000 Islamisten in Deutschland

Die Sicherheitsbehörden zählen nach Angaben der Innenministerkonferenz inzwischen 6.700 Salafisten in Deutschland und beobachten eine weiter steigende Tendenz. „Wir brauchen eine bundesweite Konzeption für Präventionsnetzwerke gegen gewaltbereiten Salafismus“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Hier könne man auf die Erfahrungen zurückgreifen, die NRW mit seinem Präventionsprojekt „Wegweiser“ gemacht habe, so Jäger: „Wir müssen die jungen Menschen erreichen, bevor sie in die Fänge gewaltbereiter Salafisten geraten.“

Die Zahl der aus Hamburg nach Syrien und Irak ausgereisten Islamisten hatte sich Anfang Dezember auf 50 erhöht. Voß sagte, sie wollten sie sich dem Heiligen Krieg (Dschihad) anschließen oder vor Ort Spenden an terroristische Organisationen übergeben. Rund ein Viertel dieser Personen sei wieder nach Hamburg zurückgekehrt. Im August hatte der Verfassungsschutz die Zahl der ausgereisten Islamisten noch mit 30 angegeben, von denen 5 getötet worden seien.

Der Verfassungsschutz rechnet in der Hansestadt derzeit 400 Menschen der salafistischen Szene zu. Von ihnen werden rund 240 als dschihadistisch eingestuft, das heißt, sie zeigen eine große Nähe zum bewaffneten Dschihad. Mitte August war die Zahl der Salafisten noch mit 240 angegeben worden. Salafisten lehnen westliche Demokratien ab und sehen eine „islamische Ordnung“ mit islamischer Rechtsprechung (Scharia) als einzig legitime Staats- und Gesellschaftsform an.