Wer schafft den Sprung ins Unesco-Netzwerk der Kreativen Städte? Berlin ist schon dabei. Jetzt bewerben sich Hannover und vier weitere deutsche Städte um den Titel „Creative City“.
Mannheim/Hannover. Berlin hat ihn bereits, den Titel einer „Creative City“. Aber kreativ, das sind wir auch, sagen fünf andere deutsche Städte – und haben sich mit ihren Bewerbungen ins Zeug gelegt.
Ob sie es schaffen, zeigt sich am 30. November in Paris. Dann gibt die Unesco bekannt, wer in das Netzwerk aufgenommen wird.
Das sind die Bewerber.
Hannover möchte „Stadt der Musik“ werden – wie auch Mannheim. Dafür setzt die Stadt vor allem auf ihre Stärken bei der musikalischen Bildung und auf eine vielfältige, junge Musikszene. Und sie wartet mit großen Namen auf: Die Rockband Scorpions, Produzent Mousse T., Dirigent Ingo Metzmacher und Sänger Thomas Quasthoff engagieren sich als Botschafter im „Unesco City of Music“-Team. Die Initialzündung für Hannovers Bewerbung sei aus der Musikszene selbst gekommen und an die Politik herangetragen worden, sagt Kulturdezernentin Marlis Drevermann. Hannover betont zudem seine Stärke in der Musikwirtschaft: Neben Künstlern zählen auch Konzertveranstalter, Studios und Instrumentenbauer zum Netzwerk der Bewerber.
Mannheim hofft ebenfalls auf den Titel „Unesco Stadt der Musik“. Die Stadt ist untrennbar mit großen Namen der Musikbranche verbunden, wie Xavier Naidoo, Laith Al-Deen und Joy Fleming. Ihre musikalische Tradition geht zurück bis zur renommierten Mannheimer Schule im 18. Jahrhundert. Hier hat die Popakademie Baden-Württemberg ihren Sitz, die der Musikszene in Mannheim neuen Auftrieb gegeben hat. Als erste Stadt in Baden-Württemberg gab es hier einen Rock- und Popbeauftragten, um dem musikalischen Nachwuchs zum Durchbruch zu verhelfen. Die Stadt habe in Sachen Musik ein einzigartiges Kompetenz- und Fördernetzwerk für Ausbildung, Kultur, Wirtschaft und Existenzgründungen, erklärt Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD).
Heidelberg will „Stadt der Literatur“ werden. Der Hauch deutscher Romantik scheint noch immer durch diese Stadt zu wehen, die Generationen von Schriftstellern inspiriert und verzaubert hat. Wer durch die Straßen und Gassen Heidelbergs schlendert, kommt vorbei an vielen Antiquariaten und Buchhandlungen, an Wissenschaftsverlagen und Universitätsgebäuden. Die literarische Tradition der Stadt ist lang: Mit einer Ode setzte Friedrich Hölderlin ihr schon vor mehr als 200 Jahren ein literarisches Denkmal. Doch um Unesco-Literaturstadt zu werden, zählen Gegenwart und Zukunft. Viel Gewicht haben daher aktuelle Projektvorschläge, etwa ein Studenten-Netzwerk für kreatives Schreiben und ein Brieffreundschaftsprojekt.
Weimar kämpft um den Titel „Stadt der Medienkunst“. Punkten wolle die Stadt etwa mit dem „Digital Bauhaus Lab“ der Bauhaus-Universität, das sich zu einer „kleinen, aber feinen Basis“ für Medienkunst entwickelt habe, sagt Felicitas Fehling, verantwortlich für die Unesco-Bewerbung Weimars. Für das Festival Genius Loci, bei dem im Sommer drei historische Fassaden illuminiert wurden, entwickelten Studenten die Software. Beim Snow-Festival 2015 sollen Bilder auf Eis-Skulpturen projiziert werden. Als Stadt mit rund 60 000 Einwohnern ist Weimar laut Fehling immer auch auf Ideen, Erfahrungen, Know-how und Strategien für zeitgenössische Kunst von außen angewiesen – daher die Hoffnung auf das weltweite Unesco-Netzwerk.
Essen hofft, in die Fußstapfen Berlins zu treten und „Stadt des Designs“ zu werden. Dazu wirft Kulturdezernent Andreas Bomheuer vorrangig den Standort der Folkwang Universität der Künste in die Waagschale. Schon ihr Vorläufer, die Anfang des 20. Jahrhunderts gegründete Kunst- und Gewerbeschule, habe die lange Tradition des Designs in Essen begründet. Der Folkwang-Fachbereich Gestaltung siedelte sich vor Jahren auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein an, die zum Welterbe der Unesco zählt. Dort finden sich auch das Red Dot Design Museum und der imposante Zollverein-Kubus nach einem Entwurf des Tokioter Architekturbüros Sanaa.
Netzwerk unterstützt Mitglieder
Das Unesco-Programm „Creative Cities“ gibt es seit 2004. Es vernetzt weltweit Städte, die den kreativen Austausch in Kunst und Kultur suchen: Es geht um Erfahrungen, Strategien und Ideen. Die sieben Kategorien sind Musik, Design, Film, Gastronomie, Handwerk, Medienkunst und Literatur. Wer den Titel trägt, dessen Kreativwirtschaft wird stärker gefordert. Bisher sind 41 Städte dabei, neben Berlin als Stadt des Designs zum Beispiel das australische Melbourne (Literatur) und Sevilla in Spanien (Musik).
Das Netzwerk unterstützt seine Mitglieder dabei, ihr kreatives Potenzial zur wirtschaftlichen Entwicklung zu nutzen. Diese geben ihr Wissen an andere Städte weiter, vor allem in Entwicklungsländern. Am 30. November entscheidet die Unesco, wer den Titel noch bekommt.