Der US-Eisenbahnkonzern RDC und das Land Schleswig-Holstein wollen mit dem Autozug Sylt-Shuttle zwischen Niebüll und Westerland Geld verdienen. Macht am Ende doch die Deutsche Bahn das Rennen?

Niebüll/Kiel. Er ist so etwas wie der Goldesel der Deutschen Bahn (DB): Der Autozug zwischen Niebüll und Westerland auf Sylt. 490.000 Fahrzeuge plus Insassen transportiert der Sylt-Shuttle pro Jahr auf die Insel, 90 Euro kostet die Hin- und Rückfahrt. Die Bahn verdient mit ihm viel Geld – wie viel es ist, verrät der staatseigene Konzern nicht. Klar, dass auch andere Interesse an diesen Gewinnen haben. Zwei Konkurrenten, das Land Schleswig-Holstein und der US-amerikanische Eisenbahnkonzern RDC, haben jetzt den Hut in den Ring geworfen. Ob sie zum Zuge kommen, ist ungewiss. Denn die Deutsche Bahn will an ihrem Sylt-Shuttle festhalten. Was diese neue Konkurrenzsituation für die Urlauber bedeutet, ist derzeit unklar.

Zunächst einmal geht es um das Recht, den Schienenstrang zwischen Westerland und Niebüll nutzen zu können. Er gehört der DB Netz AG. Wer ihn nutzen will, kann das bei dem Unternehmen anmelden. Das nicht nur für diese, sondern für alle Bahnstrecken geltende Verfahren ist bekannt. Jeweils zum Fahrplanwechsel im Dezember, in diesem Fall also zum Dezember 2015, können die Bahnunternehmen ihre Nutzungen anmelden. Die DB Netz prüft dann, ob alle gewünschten Zugverbindungen auf der Strecke unterzubringen sind. Im Fall der teilweise eingleisigen Sylt-Strecke scheint das ausgeschlossen zu sein. Drei Unternehmen mit Autozügen können dort nicht verkehren.

Versprechen, wie die des Unternehmens RDC, zukünftig im Halbstundentakt fahren zu wollen, sind deshalb nicht viel mehr als Absichtserklärungen. Schließlich gibt es auch noch Personenzüge, die auf der hoch frequentierten Strecke zwischen Westerland und Niebüll unterwegs sind. Wie der Fahrplan ab Dezember 2015 aussehen könnte, ist deshalb noch völlig unklar.

Wie der Fahrplan ab Dezember 2015 aussehen könnte, ist noch völlig unklar

Bis April haben die drei Autozug-Interessenten Zeit, ihre Trassenbestellung, die für zehn Jahre gilt, zu präzisieren. Zu welchen Uhrzeiten wollen sie fahren, mit welchen Loks, mit welchen Waggons? Mit welchen Ladezeiten wird gerechnet? Im August wird die DB Netz den Unternehmen dann mitteilen, wer wann fahren könnte. Es ist ein Trassenangebot – das auch abgelehnt werden kann.

Von den drei Konkurrenten ist die DB sicherlich der potenteste. Der einstige Monopolist hat jahrzehntelange Erfahrung. RDC ist im Vergleich dazu ein Mini-Unternehmen, in Deutschland ist die Firma nur mit dem Hamburg-Köln-Express aktiv. Das Land Schleswig-Holstein mischt beim Sylt-Shuttle aus ganz anderen Gründen als RDC mit. Sie will die attraktive und profitable Strecke in ihr Netz West (Hamburg–Westerland) einbinden und dann ausschreiben. Die Idee: Mit dem Goldesel könnte der Landeszuschuss für den defizitären Schienenpersonenverkehr sinken.

Klar ist, dass das Land nicht selbst als Bahnunternehmen aktiv werden will

Doch das ist Zukunftsmusik. Erstens ist die aktuelle Ausschreibung für das Netz gerade beendet. Die nächste wird erst 2024 vorgenommen, erst dann könnte dieses fürs Land attraktive Ausschreibungspaket geschnürt werden. Und zweitens sind vor der Einbindung des Shuttles in ein größeres Netz rechtliche Fragen zu klären.

Sollte nämlich der Autozug als Güterfernverkehr gelten, wäre die gemeinsame Ausschreibung mit Personennahverkehrsverbindungen nicht zulässig. Klar ist, dass das Land nicht selbst als Bahnunternehmen aktiv werden will. Sollte Schleswig-Holstein mit seiner Trassenbestellung erfolgreich sein, würde es eine Firma mit dem Autozug beauftragen.

Landesverkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) ist auch deshalb aktiv geworden, weil der Sylt-Shuttle im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und SSW Erwähnung findet. „Wir wollen, dass die Autozug-Strecke Niebüll–Westerland als Regionalverkehr eingestuft wird“, heißt es da. Regionalverkehr bedeutet: Einbindung ins Netz West wäre möglich. Das Ausschreibungsverfahren liefe dann übers Land. Nicht mehr die DB Netz AG, sondern Schleswig-Holstein würde entscheiden, welcher Bewerber auf der Strecke zum Zuge kommt.

Hans-Jörn Arp widerspricht auch dem Wunschtraum, der Autozug könnte billiger werden

Hans-Jörn Arp, der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, kritisiert das Vorgehen von Meyer. „Will er die Deutsche Bahn unter Druck setzen, weil sie sich zuletzt bei Netzausschreibungen nicht mehr beteiligt hat?“, fragt er. Er hält es für sehr unwahrscheinlich, dass die Autozugstrecke mit dem Netz West verbunden werden kann. Und er widerspricht auch dem sicherlich bei manch einem Sylt-Urlauber vorhandenen Wunschtraum, der Autozug könnte billiger werden, wenn er der Deutschen Bahn entrissen werden würde. „Ein niedrigerer Preis ist nicht sinnvoll, er würde nur zu mehr Verkehr führen“, sagt Arp – und spricht damit für viele Sylter. „Die Insel hat gar nicht die Infrastruktur, um mehr Autos aufzunehmen.“ Der „Goldesel“, so scheint es, wird noch sehr lange Geld abwerfen. Aber wer kassiert es?