TenneT und Bundesnetzagentur wollen mit SuedLink-Infokampagne Ängste bekämpfen. 800 Kilometer lang ist das Projekt, die Kosten liegen im Milliardenbereich. Das Großprojekt ist kein Selbstgänger.
Kreis Pinneberg. Sie gilt als das entscheidende Infrastrukturprojekt für die Energiewende-Pläne der Bundesregierung. Die 380 Kilovolt starke Sued- Link-Stromtrasse. Eine Stromtrasse der Superlative. 800 Kilometer lang ist das ambitionierte Projekt, die Kosten liegen im Milliardenbereich. Doch das Großprojekt, das Deutschlands Energiezukunft vom Jahr 2022 an sichern soll, ist alles andere als ein Selbstgänger. Seit bekannt geworden ist, dass die Stromtrasse von Wilster im Westen Schleswig-Holsteins bis nach Bayern gebaut werden soll, um den Strom von den Windparks an der Nordsee nach Süddeutschland zu transportieren, gibt es Ängste.
Bei Bürgern, Städten und Gemeinden ist die Furcht groß, dass der Verlauf der Stromtrasse bereits seit Monaten fest zementiert ist, dass hinter verschlossenen Türen die Trassenpläne geschmiedet wurden. Es wird ebenso befürchtet, dass nun ganze Landstriche mit Aberhunderten von Strommasten zugebaut werden. Völlig unklar ist für Bürger und Gemeinden zudem, welche Auswirkungen die neue Stromtrasse auf die Gesundheit der Menschen haben wird. Die Rede ist von einem erhöhtem Krebsrisiko. Mit groß angelegten Regionalkonferenzen begegnen der Netzbetreiber TenneT TSO GmbH und die Bundesnetzagentur nun diesen Ängsten. Einen Teil der Sorgen können sie damit abbauen – aber nicht alle.
„Suedlink ist die Königsetappe der Energiewende“, sagt zum Beispiel Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck. Ganz ohne Opfer sei die Energiewende aber nicht zu meistern, Bürger und Kommunen müssten sich darauf einstellen. „Es wird eine Belastung geben, das ist natürlich. Aber es muss auch Lösungen geben. Diese müssen nun gemeinsam erarbeitet werden“, sagt Habeck.
Genau dafür haben die Bayreuther TenneT, die die Trasse bauen soll, die Bundesnetzagentur und das Ministerium für Energiewende des Landes Schleswig-Holstein sogenannte Regionalkonferenzen ins Leben gerufen. Moorrege ist nach Wilster erst die zweite Veranstaltung dieser Art in Norddeutschland, die Transparenz schaffen soll. Und Transparenz sei nötig, so heißt es vonseiten der TenneT und des Ministeriums. Denn sollte das SuedLink-Projekt scheitern, dann bedeutet es die Unerreichbarkeit der Energiewendeziele der Bundesregierung. Dass es so weit kommen wird, glauben weder die TenneT noch Minister Habeck. Im Gegenteil: Weil ausgiebig informiert werde, werde der Bau der Stromtrasse mit weniger Hürden versehen sein als andere Großbauprojekte. Man habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt. „Wir müssen die Menschen mitnehmen“, sagt Lex Hartmann, Mitglied der Geschäftsführung bei der TenneT. Ängste von Bürgern resultierten daraus, dass der Informationsfluss nicht klappe. TenneT, so sagt Hartmann, wolle es besser machen.
Die Furcht, dass die Trasse feststehe und die Bürger nicht mitreden könnten, sei unbegründet. „Es gibt keine Festlegung“, versichert TenneT-Gesamtprojektleiter SuedLink, Christoph Thiel. TenneT und die Bundesnetzagentur stünden erst am Anfang der Planungen. „Dass wir überhaupt eine Trassenkorridoroption präsentieren, hat einen einfachen Grund. Wir müssen mit irgendetwas beginnen, um einen Ausgangspunkt für weitere Diskussionen zu haben“, so Thiel. Alle Streckenführungsoptionen, auch die Vorschläge von Bürgern, Gemeinden und Kreisen, sollen laut Thiel gleichberechtigt geprüft werden.
Das gelte auch für die Elbquerung. Die stellt die TenneT vor besondere Probleme. Im Grunde, so Thiel, seien alle drei vorhandenen Querungsoptionen schlecht. Eine Querung bei Brunsbüttel mit einem Dükerbau unterhalb der Elbe sei eine logistische und wartungstechnische Herausforderung. Eine Querung bei Glückstadt, wo auch der Elbtunnel für die Küstenautobahn A 20 gebaut werden soll, böte nur Synergien im Baustellenmanagement. Die Elbquerung bei Hetlingen kurz vor Hamburg sei aus Naturschutzgründen nicht einfach – es wäre aber die kürzeste Elbquerungsstrecke. Auch hier müsste ein Düker gebaut werden, denn etwa dort 250 Meter hohe Strommasten zu bauen, sei zu teuer. Auch der Platz für solche Masten fehle dort.
Der großflächige Einsatz von Erdkabeln wäre sechsmal teurer als Strommasten
Für Gemeinden und Städte wie Moorrege oder Elmshorn stellt sich ohnehin die Frage, warum ausgerechnet dort die etwa 75 Meter hohen, in Einzelabschnitten sogar 120 Meter hohen Strommasten für die Gleichstromleitung errichtet werden sollen. Etliche Strommasten zieren bereits die dortige Landschaft. Der Raum, so argumentieren Kommunalvertreter, sei zu knapp für noch mehr Masten. Das lassen Minister Habeck und Achim Zerres, Abteilungsleiter bei der Bundesnetzagentur, nicht gelten. Es sei vom Gesetzgeber vorgesehen, dass entlang der vorbelasteten Strecken gebaut werden soll. Das sei für einige Bürger von Nachteil, für die Mehrheit aber von Vorteil.