In Niedersachsen fordern Verbände und Opposition, die Gymnasialzeit auf neun Jahre zu verlängern. Unterstützung dafür gibt es nicht nur aus Teilen der Wirtschaft.
Hannover. In der Frage der Abschaffung des Turbo-Abiturs gerät die rot-grüne Landesregierung von Niedersachsen immer stärker unter Druck. Mit der CDU hat sich jetzt auch die große Oppositionspartei der Forderung angeschlossen, die Gymnasialzeit wieder von acht auf neun Jahre zu verlängern. Am Mittwoch legte zudem ein Bündnis aus Philologenverband, Direktorenverband und dem Elternverband an Gymnasien in Hannover einen konkreten Vorschlag vor, um die gesamte Schulzeit bis zum Abitur schon im kommenden Schuljahr 2014/2015 wieder auf 13 Jahre zu verlängern.
Unterstützung dafür gibt es nicht nur aus Teilen der Wirtschaft und vielen anderen Organisationen, sondern auch vom SPD-Nachwuchs. Matthias Bock, stellvertretender Juso-Vorsitzender in Niedersachsen, fordert: „Wir brauchen eine Abkehr vom Turbo-Abi ohne Wenn und Aber.“
Unmittelbar nach der Regierungsübernahme in Niedersachsen im Februar 2013 haben SPD und Grüne im Eilverfahren das Schulgesetz so geändert, dass an Gesamtschulen wieder das Abitur nach erst neun Jahren abgelegt wird. Für die Gymnasien aber hat Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) einen langwierigen Dialogprozess angeschoben, der immer noch nicht abgeschlossen ist. Damit nährt die Landesregierung den Verdacht, sie wolle eine Rückkehr der Gymnasien zur längeren Schulzeit mindestens hinauszögern, um so die Gründung neuer Gesamtschulen zu fördern.
Fällt die durchaus denkbare Entscheidung für die Rückkehr auch der Gymnasien zur längeren Schulzeit nicht in den nächsten Wochen, wird es zumindest im nächsten Schuljahr 2014/2015 schon aus organisatorischen Gründen beim Turbo-Abitur bleiben.
Dass es die Landesregierung danach bei einer Entschlackung der geforderten Inhalte und vielen Klassenarbeiten belässt, gilt angesichts des massiven Drucks als unwahrscheinlich. In den Mittelpunkt der Diskussion ist inzwischen die Frage gerückt, ob es generell eine Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren geben sollte oder Wahlfreiheit, sei es durch das leichtere Überspringen von Klassen oder zwei verschiedene Wege zum Abitur an den rund 250 Gymnasien im Land. Dabei verstärkt sich der Eindruck, dass Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) das Problem zur Chefsache gemacht hat, weil es an den Gymnasien ohnehin rumort. Ebenfalls am Mittwoch hat das Kabinett die neue Arbeitszeitverordnung für Lehrer beschlossen mit Anhebung der zu erteilenden Unterrichtsstunden an den Gymnasien von 23,5 auf 24,5. Aus Protest dagegen haben die Lehrer an etwa jedem zweiten Gymnasium inzwischen Klassenfahrten gestrichen und Arbeitsgemeinschaften abgesagt.