Die Kegelrobben fühlen sich zunehmend in deutschen Ostseegewässern heimisch. Doch der erhoffte Nachwuchs blieb in diesem Jahr aus. Die Tiere nehmen die Liegeplätze noch nicht an.
Insel Vilm. Der Bestand der Kegelrobben an der deutschen Ostseeküste entwickelt sich prächtig. Die Kegelrobben fühlen sich zunehmend in den Ostseegewässern vor Mecklenburg-Vorpommern heimisch. Einer aktuellen Bestandserfassung des Bundesamtes für Naturschutz zufolge leben in den Gewässern um Rügen rund 50 bis 60 Tiere – davon 30 allein im Greifswalder Bodden.
„Vor über zehn Jahren haben wir in den Wintermonaten drei bis vier Tiere gesehen“, sagte der Wissenschaftliche Direktor für Meeresnaturschutz am Bundesamt für Naturschutz (BfN), Henning von Nordheim, am Mittwoch. Die Entwicklung sei erfreulich, weil die Meeressäuger ihren angestammten Lebensraum wieder zurückeroberten.
Allerdings erfüllte sich die Hoffnung der Forscher auf ein erstes Robbenbaby in diesem Jahr noch nicht. Liegeplätze gebe es zwar ausreichend, sagte von Nordheim. Aber die würden von den Tieren noch nicht angenommen. Der Meeresbiologe zeigte sich aber optimistisch, dass in den kommenden Jahren mit dem ersten Robbenbaby an der deutschen Ostseeküste zu rechnen ist. Die dafür erforderlichen Lebensraumvoraussetzungen seien gegeben.
„Auf Helgoland hat es auch Jahre gedauert, bis die Tiere Nachwuchs zur Welt gebracht haben.“ Beeindruckend sei, dass dort die Tiere an Badestränden lägen und sich nicht von Touristen stören ließen. Eine Geburt werten Wissenschaftler als Durchbruch bei der Rückkehr der Tiere. Der Grund: Kegelrobben kehren immer wieder an ihre Geburtsorte zurück, wie von Nordheim sagte.
25.000 Kegelrobben in der Ostsee
Innerhalb der vergangenen 15 Jahre hat sich die Population der Kegelrobben aufgrund verbesserter Lebensbedingungen von 10.000 auf 25.000 Tiere in der Ostsee erhöht. Die Tiere leben vorrangig in der nördlichen und zentralen Ostsee und tasteten sich inzwischen langsam in ihren früheren Lebensraum an der südlichen Ostseeküste vor.
Bei den in den deutschen Gewässern vorkommenden Kegelrobben handele es sich vor allem um Jungbullen und -weibchen. Westlich des Darßes kommen Kegelrobben bislang nicht vor. Möglicherweise sei damit auch gar nicht zu rechnen. Bereits früher sei die „Darßer Schwelle“ die natürliche Verbreitungsgrenze gewesen, sagte von Nordheim.
Ende des 19. Jahrhunderts lebten nach Angaben des Deutschen Meeresmuseums in der Ostsee etwa 100.000 Kegelrobben. Durch die Bejagung ist der Bestand in der südlichen Ostsee bis in die 1920-er Jahre vollkommen ausgerottet worden. Zudem hatte die hohe Schadstoffbelastung in der Ostsee durch PCB einen Großteil der weiblichen Tiere unfruchtbar gemacht. Anfang der 1980-er Jahre war der Bestand der Tiere in der Ostsee auf 2500 Tiere geschrumpft. Eine Wanderausstellung tourt derzeit durch die Badeorte Vorpommerns, um Einheimische und Urlauber für die Robben zu sensibilisieren.
Nach Einschätzung von Nordheims hat die Rückkehr der Kegelrobben bislang zu keinen größeren Konflikten mit der Fischerei geführt. Der BfN-Fachmann plädierte dafür, den Stubber – eine Untiefe im Greifswalder Bodden – auf einer Fläche von 100 Quadratmetern wieder aufzutragen. Die Untiefe war ein durch Menschen abgebauter ehemaliger Robben-Liegeplatz und wäre am besten für die Rückkehrer Rückzugsort für den Fellwechsel und als Gebärplatz geeignet, sagte von Nordheim.
Das Agrarministerium erteilte diesem Wunsch eine Absage. Maßnahmen wie eine Aufspülung der Untiefe Stubber sollen nur im Einklang mit den Interessen der Fischerei realisiert werden, teilte das Ministerium mit. Die Fischer sperren sich gegen eine Aufspülung, weil sie um ihre Fanggebiete fürchten.