Für die Sanierung des maroden Nord-Ostsee-Kanals setzen die beiden Länder die Bundesregierung unter Druck. Bundeskanzlerin Merkel soll bei der Nationalen Maritimen Konferenz in Kiel Farbe bekennen.

Kiel. Schleswig-Holstein und Hamburg wollen die überfällige Sanierung und den zügigen Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals (NOK) zu einem zentralen Thema der Nationalen Maritimen Konferenz am 8./9. April in Kiel machen. „Es geht um den Ruf Deutschlands als Wirtschaftsstandort“, betonten der Kieler Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) und sein Hamburger Amtskollege Frank Horch (parteilos) am Donnerstag in Kiel. Der NOK als meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt habe für die deutsche Wirtschaft insgesamt große Bedeutung. Notwendig sei ein klarer Investitionsfahrplan für den Kanal. Die bisher vom Bund angekündigten Maßnahmen seien völlig unzureichend.

Zur maritimen Konferenz mit 830 Teilnehmern werden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie die Bundesminister Peter Ramsauer (Verkehr/CSU/), Peter Altmaier (Umwelt/CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (Wirtschaft/FDP) erwartet. Merkel will eine Grundsatzrede zur Entwicklung und den Zukunftsaussichten der maritimen Wirtschaft in Deutschland halten.

„Wir erwarten eine klare Aussage zur Zukunft des Nord-Ostsee-Kanals – nicht mehr und nicht weniger“, sagte Meyer. Als Lakmustest bezeichnete er den Bundesetat 2014. Notwendig sei in den nächsten Jahren ein Sonderetat von jährlich 100 Millionen Euro für Investitionen.

Der NOK musste kürzlich für große Schiffe gut eine Woche gesperrt werden, weil die alten Schleusen defekt waren. Allein als Passage zum Hamburger Hafen nutzen jede Woche rund 125 Schiffe den Kanal. Seit vielen Jahren warnen Fachleute, der vor über 100 Jahren erbaute Kanal sei marode. „Als wichtigste Drehscheibe für Verkehre in die und aus der Ostsee ist Hamburg auf einen leistungsfähigen und zuverlässigen NOK angewiesen“ sagte Horch. Auch die Wirtschaft in Bayern und Süddeutschland profitiere laut einer OECD-Studie vom NOK, ergänzten Vertreter der IHK zu Kiel.

Lange Wartezeiten oder 460 Kilometer Umweg

„Durch Behinderungen am NOK entsteht ein beträchtlicher volkswirtschaftlicher Schaden für die Reedereien und den Standort Deutschland“, kritisierte Horch. Reedereien müssten lange Wartezeiten in Kauf nehmen oder den 460 Kilometer längeren Weg rund um Skagen nehmen.

Die langfristigen Sanierungspläne von Ramsauer stießen auf massive Kritik. Der Verkehrsminister habe zwar angekündigt, mit elf zusätzlichen Stellen die akuten Probleme an den Brunsbütteler Schleusen zu beheben. „Aber um den Kanal als eine der wichtigsten Logistik-Achsen in Nordeuropa wirklich zukunftsfest zu machen, brauchen wir mehr als nur ein kurzfristiges Krisenmanagement“, betonten Meyer und Horch.

Beide Länder sind der „Initiative Kiel-Canal“ beigetreten

Bis 2020/2021 soll laut Ramsauer die fünfte Schleusenkammer in Brunsbüttel gebaut und eingeweiht und dann weitere Maßnahmen zum Kanalausbau in Angriff genommen werden. Horch zufolge wird es schwierig werden, über die nächsten Jahre zu kommen. Er forderte neben der fünften Schleuse die Grundinstandsetzung der beiden großen Schleusen in Brunsbüttel und der Schleusenanlage Kiel-Holtenau, eine neue Levensauer Hochbrücke, den Ausbau der NOK-Oststrecke und eine Vertiefung des Kanals, damit noch größere Schiffe durchfahren können.

Um sich in Berlin besser für den NOK einsetzen zu können, sind Hamburg und Schleswig-Holstein jetzt der „Initiative Kiel-Canal“ beigetreten, einem Zusammenschluss von Unternehmen der maritimen Wirtschaft und nautischen Institutionen. Diese von der Wirtschaft im vergangenen Dezember gegründete Initiative sei eine gute Plattform. So soll es in Berlin Veranstaltungen zum NOK geben. Horch und Meyer setzen dabei auch auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit den anderen norddeutschen Küstenländern Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.