Verkehrsminister Peter Ramsauer, CSU, hat viel Wind von vorn bekommen, nachdem der Nord-Ostsee-Kanal für größere Schiffe gesperrt werden musste. Nun inszenierte er sich als oberster Kanalfreund.

Brunsbüttel. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, CSU, hat bei einem Besuch der Schleusenanlagen in Brunsbüttel die herausgehobene Bedeutung des Nord-Ostsee-Kanals für die deutsche Verkehrspolitik betont. Er werde „eisern kämpfen“, um alle notwendigen Mittel für den störungsfreien Betrieb des Kanals bereitzustellen, sagte Ramsauer am Freitag in Brunsbüttel. Die Ausschreibung für den Bau einer fünften Schleusenkammer, die sich seit Jahren verzögert, werde in den nächsten zwei bis drei Wochen auf den Weg gebracht. Das Großprojekt werde dann nach sechs bis sieben Jahren Bauzeit in Betrieb gehen, also 2020 oder 2021.

Ramsauer war von Parteien, Verbänden und Gewerkschaften im Norden heftig kritisiert worden, nachdem in der vergangenen Woche die größere der beiden Doppelschleusen in Brunsbüttel gesperrt werden musste. Ihm wurden Versäumnisse bei der Instandhaltung des Kanals vorgeworfen, der meistbefahrenen künstlichen Wasserstraße der Welt und einer der wichtigsten Schlagadern der maritimen Wirtschaft im Norden. Seit Jahren ist die Situation des Kanals ein schwelender Krisenherd, nun drohte die Lage außer Kontrolle zu geraten. Der Minister kam wie ein Feuerwehrmann zum Löschen. Mitten in der Sitzungswoche des Bundestags in Berlin räumte sich Ramsauer einen Vormittag frei und schwebte mit dem Hubschrauber an der Elbmündung ein.

Gemeinsam mit seinen Amtskollegen Frank Horch (parteilos) aus Hamburg und Reinhard Meyer (SPD) aus Schleswig-Holstein ließ sich Ramsauer bei schönstem Winterwetter über die Schleuse führen. „Die Anlagen werden seit Jahrzehnten auf Verschleiß gefahren“, sagte der Minister. Das habe er bereits unmittelbar nach seinem Amtsantritt erkannt. „Die Bedeutung der Wasserstraßen für den Gütertransport spielt in Deutschland eine völlig unterschätzte Rolle“, sagte er.

Den politischen und medialen Gegenwind wegen der Kanalprobleme empfindet Ramsauer als unfair. „Die Verzögerungen bei der fünften Schleusenkammer ärgern niemanden mehr als den Verkehrsminister“, sagte er. Vor einem Jahr hatte Ramsauer einen feierlichen ersten Spatenstich für das Projekt vorgenommen. Aus vergabe- und haushaltsrechtlichen Gründen könne die Ausschreibung erst jetzt auf den Weg gebracht werden.

Er habe von der Zusatzmilliarde für das Verkehrsressort im vorletzten Haushaltsjahr allein 300 Millionen Euro für den Nord-Ostsee-Kanal reserviert und sich dafür in süd- und westdeutschen Bundesländern schärfste Kritik anhören müssen. „Das war für mich alles andere als leicht“, sagte der Bayer. „Man muss einem süddeutschen Verkehrsminister nicht sagen, wie wichtig der Nord-Ostsee-Kanal und der gesamte maritime Bereich sind.“

Die größere der beiden Doppelschleusen ist seit knapp 100 Jahren in Betrieb, die kleinere seit dem 19. Jahrhundert. „Das war für die damalige Zeit eine herausragende Ingenieurs- und Bauleistung“, sagte der Minister. Eine grundlegende Sanierung und Erneuerung der alten Anlagen ist zeitlich allerdings erst nach dem Bau der fünften Schleusenkammer geplant, also im nächsten Jahrzehnt. Bis dahin müssen die Anlagen noch halten. Der Kanal, der eine hohe Bedeutung für die europäische Schifffahrt und den Hamburger Hafen hat, braucht mittelfristig weitere Investitionsmittel von mehreren hundert Millionen Euro, unter anderem für Ersatzbrücken, eine Vertiefung um einen Meter und Arbeiten am anderen Ende der Wasserstraße, an den Schleusen in Kiel-Holtenau.

Um etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen, hat Ramsauer der zuständigen Wasser- und Schifffahrtsdirektion erst einmal elf neue Arbeitsplätze spendiert, um die Schleusen und den Kanal störungsfrei in Betrieb zu halten. Ob das gelingt, ist schwer vorherzusagen. Es wäre auf jeden Fall wichtig für die Schifffahrt in Europa und den Hamburger Hafen.

„Wir haben immer gesagt, der Nord-Ostsee-Kanal ist ein Teil der Hamburger Hafens“, sagte Wirtschaftssenator Horch. In Hamburg werden die Container der großen Schiffe aus Asien umgeladen auf kleinere Frachter, die durch den Nord-Ostsee-Kanal die Ladung nach Skandinavien, Russland, Polen und ins Baltikum bringen. Ohne den Kanal sind sie bis zu 20 Stunden länger unterwegs und verlieren Zeit und Geld.

Ramsauer nutzte seinen Besuch, um vor allem den Arbeitern und den Tauchern zu danken, die mit Notreparaturen den Kanal nach zehn Tagen wieder funktionsfähig gemacht haben. „Sie haben unter härtesten physischen Bedingungen herausragende Arbeit geleistet. Das muss auch Anerkennung finden.“ Ramsauer will die Taucher deshalb zu einem Besuch seines Ministeriums in Berlin einladen.