Zusätzliche Brückenbauten lassen eine Kostenexplosion befürchten. Eine neue Verhandlungsrunde soll nun Klarheit bringen.

Puttgarden. Beim Jahrhundertprojekt für den deutsch-dänischen Ostseetunnel unter dem Fehmarnbelt mehren sich die Anzeichen für eine Kostenexplosion. Auf deutscher Seite hat sich die Anschlussbrücke über den benachbarten Fehmarnsund als „Nadelöhr“ erwiesen, das teuer ausgebaut und ergänzt werden muss. Die Dänen müssen zusätzlich zu ersten Planungen die 3,2 Kilometer lange Storstrømsbrücke völlig neu bauen und streiten über die Finanzierung der Zusatzkosten. Beides zusammen dürfte mehr als eine Milliarde Euro kosten.

Ab 2021 sollen Autos und Bahn durch den 17,6 Kilometer langen Tunnel zwischen dem dänischen Rødby und Puttgarden fahren. Die Dänen wollen den eigentlichen Tunnelbau (ab 2015) mit bisher veranschlagten 5,5 Milliarden Euro Kosten wegen ihres deutlich größeren Interesses allein finanzieren. Der 2008 unterzeichnete Staatsvertrag galt aus deutscher Sicht mit etwa einer Milliarde Euro für Anschlusskosten als das reinste Schnäppchen.

Zum Anschluss gehört auch die wegen ihrer Architektur „Kleiderbügel“ genannte Fehmarnsundbrücke zwischen Schleswig-Holsteins Festland und der Ostseeinsel Fehmarn. Bereits heute erweist sich die windanfällige Konstruktion mit lediglich zwei Spuren und einem Bahngleis regelmäßig als Nadelöhr. Ersatz wird dringend benötigt. Schleswig-Holsteins Landesregierung fordert deshalb den Bau eines Tunnels zwischen dem Festland und Fehmarn.

Obwohl die Grünen im Norden gemeinsam mit SPD und SSW regieren, steht Grünen-Verkehrsexperte Andreas Tietze dem gesamten Projekt weiter skeptisch gegenüber. „Ich halte es aber für möglich, dass ein Sundtunnel die ökologischste Variante wäre“, sagt Tietze. Die Kosten dafür schätzt er auf bis zu 800 Millionen Euro. Einen vierspurigen Tunnel mit zwei Bahngleisen will der Kieler Verkehrs-Staatssekretär Frank Nägele.

Den Dänen dämmerte erstmals im Herbst 2011 die Gefahr einer Kostenexplosion, als wochenlang keine Züge über die 3,2 Kilometer lange Storstrømsbrücke bei Vordingborg fuhren. Risse in der 1937 eingeweihten Stahlkonstruktion ließen das Risiko zu hoch erscheinen. Nach provisorischer Ausbesserung stand schnell fest, dass dies für die neue Zeitrechnung mit dem Fehmarnbelt-Tunnel und den schnelleren Zügen zwischen Hamburg und Kopenhagen nicht reichen würde. Ein Nadelöhr also auch auf dänischer Seite, 75 Kilometer vom Tunnel und 100 Kilometer von Kopenhagen entfernt.

Der Beschluss zum Neubau war bei geschätzten Kosten von 520 Millionen Euro schnell gefasst. Aber dänische Politiker sind wegen der Finanzkrise längst nicht mehr so spendabel im Umgang mit Steuergeldern wie noch bei der Übernahme der kompletten Tunnelkosten 2008. Als Verkehrsminister Henrik Dam Kristensen monatelang keine Mehrheit im Parlament für die Finanzierung der neuen Storstrømsbücke fand, drohte der Sozialdemokrat im Rundfunksender DR: „Wir können die Fehmarnbelt-Querung nicht bauen, wenn man sie nicht benutzen kann, weil die Storstrømsbrücke nicht funktioniert.“

Diese Woche geht es in eine neue Verhandlungsrunde. Kristensen ist sich sicher, dass die Finanzierung bald stehen wird. Auch dass von der EU zugesagte Zuschüsse über etwa zehn Prozent der Baukosten in Kopenhagen plötzlich wieder als „wacklig“ gelten, beunruhigt den Minister nicht. „Es könnte gut sein, dass im Gefolge der schlechten Konjunktur letztlich alles etwas billiger wird“, sagte er. Aber festlegen wollte er sich nicht: „Wir können Endgültiges erst sagen, wenn der Bauauftrag unterschrieben ist.“