Kanzlerin, Vizekanzler, Alt-Kanzler und Kanzlerkandidat unterstützen Parteien. Neue Umfrage zeigt: Rot-Grün und Schwarz-Gelb gleichauf.

Osterholz-Scharmbeck. Locker, launig, aber auch mit deutlichen Worten bekommt SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil auf der Zielgeraden des niedersächsischen Landtagswahlkampfs Unterstützung von aktuellen und früheren Größen der Partei. SPD-Altbundeskanzler Gerhard Schröder, SPD-Bundestags-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück reisen am Mittwochabend in die Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck, um dem Oberbürgermeister von Hannover vor rund 1.000 Besuchern Schub für die Wahl am Sonntag zu geben.

Vier Tage vor der niedersächsischen Landtagswahl haben auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident David McAllister Seite an Seite die CDU-Anhänger für den Endspurt angefeuert. „Reden sie mit Anderen!“, rief Merkel am Mittwochabend in Osnabrück mehreren hundert Zuhörern zu. Niedersachsens CDU unter McAllister stehe für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik. Die Zahl der Arbeitslosen sei gesunken. „Sie haben einen tollen Landesvater.“

McAllister gab sich überzeugt, dass Schwarz-Gelb den Rückstand der vergangenen Monate aufgeholt habe, jetzt habe das Regierungsbündnis zum Überholen angesetzt. „Es kommt auf die letzten Tage an“, sagte McAllister. Der politische Gegner sei inzwischen müde. „Ich bitte um Ihre Unterstützung auch bei der Zweitstimme. Die FDP wird den Sprung in den Landtag mit Sicherheit schaffen!“ Jüngste Umfragen sehen die Koalition Kopf an Kopf mit den Herausforderern von Rot-Grün. „Es ist nicht trivial, wie diese Wahl ausgeht“, rief McAllister den Zuhörern in der Osnabrücker Stadthalle zu. In der Schulpolitik etwa kämpfe die Union für ein Ende der Systemdebatten und für Wahlfreiheit.

Rot-Grün und Schwarz-Gelb bei je 46 Prozent

Tatsächlich gibt es auch wenige Tage vor der Wahl im Stimmungsbild der Niedersachsen kaum Veränderungen – es kommt voraussichtlich zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung (GMS) kann die CDU mit 41 Prozent rechnen und die bei 5 Prozent liegende FDP auf den Wiedereinzug in den Landtag hoffen. Zusammen hätte Schwarz-Gelb nach der Erhebung im Auftrag von Sat.1 Norddeutschland 46 Prozent – genau so viel wie SPD (33 Prozent) und Grüne (13 Prozent) zusammen. Es könnte also zu einem Patt kommen, während Die Linke und die Piratenpartei mit jeweils drei Prozent den Einzug in den Landtag verpassen. Für die Umfrage wurden 1006 wahlberechtigte Niedersachsen zwischen dem 14. und 16. Januar telefonisch befragt.

Im Trend liegen die Ergebnisse der Bewertung der beiden Spitzenkandidaten David McAllister (CDU) und Stephan Weil (SPD): Bei einer Direktwahl könnte der Ministerpräsident laut der Umfrage mit 51 Prozent rechnen, sein Herausforderer käme auf 35 Prozent. CDU und SPD reagierten auf die Umfrage gleichermaßen mit Zuversicht. „Die gute Stimmung zugunsten von CDU und FDP verfestigt sich“, sagte CDU-Generalsekretär Ulf Thiele. SPD-Wahlkampfleiter Michael Rüter erklärte: „Wir verstehen das als Auftrag zum Politikwechsel.“

Ex-Kanzler Schröder schwelgt in Erinnerungen

Bei seiner Partei ging es derweil in einer Talkrunde munter zwischen Landes-, Bundes- und Weltpolitik hin und her. Sie loben Weil, kritisieren den CDU-Ministerpräsidenten David McAllister und erinnern an rote und rot-grüne Zeiten in Niedersachsen. „Ich habe durchaus gute Erinnerungen“, sagt Schröder. Bei Weil passen Kandidat und Programm gut zusammen, meint Steinmeier. Er sei ein Mensch, dem man vertrauen könne.

Der 68-jährige Altbundeskanzler, selbst Ministerpräsident von 1990 bis 1998, hat einen Wahlwerbespot zugunsten des Spitzenkandidaten für das Radio eingesprochen. „Er wird es anpacken und er wird es besser machen, ich bin dessen sicher“, kommt in diesen Tagen die tiefe Stimme des Altkanzlers aus den Radios in Niedersachsen.

Eine entscheidende Frage sei, welche Möglichkeiten es für junge Menschen gebe, durch Bildung aufzusteigen, sagte Schröder. Niedersachsen dürfe nicht das letzte Bundesland mit Studiengebühren sein. Weil versprach, diese sofort abzuschaffen. Dafür müssten Besserverdienende aber mehr Steuern zahlen, als „Bildungssoli“ sozusagen.

FDP bangt weiterhin um den erneuten Einzug in den Landtag

Im Wahlkampfendspurt erhält auch die niedersächsische FDP Unterstützung von der Parteiprominenz. Die Liberalen seien die einzige Partei, bei der der Staat nicht „Problemlöser Nummer eins“ sei, sagte Parteichef Philipp Rösler am Mittwochabend in Northeim. Das Gesellschaftsbild der politischen Mitbewerber führe zu Steuererhöhungen und politischer Bevormundung, fügte der Bundeswirtschaftsminister vor rund 300 Zuhörern hinzu.

Die FDP bangt vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag um den Wiedereinzug in das Parlament. Der Fraktionschef der Liberalen in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, machte seinen Parteifreunden Mut. Die FDP habe in Niedersachsen in der Vergangenheit herausragende Leistungen erzielt, sagte er. Deswegen sei er sich sicher, dass seine Partei bei der Wahl entgegen aller Umfragen sechs Prozent erreichen werde.

Am Sonntag können gut 6,1 Millionen Frauen und Männer in Niedersachsen ihre Stimme abgeben und über die Zusammensetzung des Landtags entscheiden. Nach den letzten Umfragen ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb zu erwarten. Zittern muss aber die FDP, die von den Demoskopen etwa bei fünf Prozent gesehen wird. Ein Einzug von Piraten und Linken ist demnach wenig wahrscheinlich.