Nach Zweifeln des Bundesgerichtshofs kritisiert die SPD den Sonderweg Schleswig-Holsteins immer schärfer. Opposition verteidigt vehement.

Kiel. Die richterlichen Zweifel zum Glücksspielverbot im Internet sorgen im Norden für neuen Zwist. Die SPD wettert über die Altlasten der Vorgängerregierung von CDU und FDP. „Schwarz-Gelb hat uns an den Rand des Abgrunds gebracht“, kritisierte SPD-Landes- und Fraktionschef Ralf Stegner am Freitag in Kiel. CDU und FDP dagegen sehen sich in ihrem Kurs bestätigt. Tags zuvor hatte der Bundesgerichtshof deutliche Zweifel geäußert, ob das weitgehende Verbot nach dem Glücksspielstaatsvertrag von 15 Bundesländern rechtmäßig ist. Als Begründung wurde auch Schleswig-Holsteins Sonderweg genannt.

Anfang des Jahres war die alte CDU-FDP-Landesregierung aus dem von allen anderen Bundesländern vereinbarten Glücksspielstaatsvertrag ausgestiegen. Im Norden gilt seitdem ein eigenes, liberaleres Glücksspielrecht – gegen den Willen der neuen Landesregierung von SPD, Grünen und SSW. „Dieser Fall zeigt erneut, dass diejenigen, die meinten, sie wüssten alles besser, uns nicht nur im Kreis der Bundesländer isoliert haben, sondern diese sogar mit in den Abgrund ziehen“, sagte Stegner. Der Sonderweg sei nicht Lösung, sondern Ursache des Problems.

Stegner forderte, der Weg zu Schleswig-Holsteins Beitritt zum Glücksspielstaatsvertrag aller Bundesländer müsse schleunigst frei werden. Die neue Landesregierung hatte wiederholt klargemacht, dass sie die Glücksspielregel der schwarz-gelben Vorgängerregierung möglichst schnell aufheben wolle. Ein Verfahren dazu wurde schon in Gang gesetzt, ist aber noch nicht abgeschlossen. „Wir hoffen sehr, dass der BGH dies in seine Erwägungen bei der Entscheidung über das Glücksspiel-Verbot im Internet einfließen lässt“, betonte der SPD-Politiker.

Für den 24. Januar 2013 wird ein Urteil des Gerichts erwartet. Die Richter hatten am Donnerstag erklärt, soweit Glücksspiele im Internet verboten werden, müsse „Kohärenz“ gewährleistet sein. Deshalb könnten Unterschiede zwischen den Bundesländern dazu führen, dass die Verbote europarechtswidrig sind und damit nicht angewendet werden dürfen. Die Opposition von CDU und FDP sieht ihren eigenen Kurs durch dieses richterliche Statement klar unterstützt.

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki betonte: „Der Bundesgerichtshof hat einmal mehr bestätigt, dass Zweifel an der Rechtskonformität des Glücksspielstaatsvertrages bestehen. Das bestärke die Sicht, dass das schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz der einzig gangbare Weg sei. „Es lässt sich schlichtweg nicht erklären, warum man vom bereits bestehenden liberaleren Recht zu einem strikteren zurückkehren soll“, sagte der Jurist. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Hans-Jörn Arp fügte hinzu: „Der Verbraucher nimmt das Online-Angebot an. Unser Gesetz lenkt es in kontrollierte Bahnen, die den Spielerschutz sicherstellen.“

Arp sieht die neue Landesregierung durch die Äußerung des BGH in der Pflicht, das Tempo bei der Aufhebung der alten Glücksspielregel zu drosseln: Der Landtag müsse neben der ausstehenden Stellungnahme der EU-Kommission jetzt auch das BGH-Urteil im Januar abwarten, um den aktuellen Stand der Rechtsprechung in der Gesetzgebung zu berücksichtigen, sagte er.