Regierungschef von Schleswig-Holstein will mit seinem Besuch im Schloss Amalienborg „neue Dekade im deutsch-dänischen Verhältnis” einläuten.

Kopenhagen. Zwei Minuten musste Königin Margrethe II. auf ihren Gast warten. Der Neue hatte sich noch mit dem Außenminister verquatscht, ehe er mit Motorradeskorte durch das regnerische Kopenhagen sauste. Dabei ging es um Brücken und Tunnel, die Dänemark und Deutschland verbinden sollen – mehr als nur sprichwörtlich.

Schleswig-Holsteins neuer Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hat für seinen ersten Auslandsbesuch Kopenhagen ausgewählt, und die Königin gewährte ihm 30 Minuten ihrer kostbaren Zeit im Schloss Amalienborg. Denn Albig hat viel vor. Nicht weniger als eine „neue Dekade im dänisch-deutschen Verhältnis“ will der Regierungschef in Kiel einläuten.

Dazu gehört der geplante Bau eines neuen Tunnels unter dem Fehmarnbelt und die moderne, ausgebaute Anbindung Fehmarns an Holstein ebenso wie Hochschul- und Forschungsförderung und mehr Geld für dänische Schüler zwischen Flensburg und Hamburg. So lobte Dänemarks Außenminister Villy Sövndal, dass Albigs neue Regierung aus SPD, Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) endlich wieder die dänischen Kinder mit denselben finanziellen Hilfen ausstatte wie die deutschen. „Mit dieser Entwicklung sind wir sehr zufrieden“, sagte Södnval.

In die deutsche Diskussion um die Hinterlandanbindung des neuen Fehmarntunnels und die Finanzierung wolle man sich aber nicht einmischen. Das war sehr diplomatisch – denn darum gibt es Streit zwischen Schleswig-Holstein und dem Bund sowie den Anwohnern auf Fehmarn und in den Ostsee-Ferienbädern. Denn was nützt der schönste Tunnel, wenn, wie Albig lässig sagte, die geplante zweispurige Bahntrasse und die vierspurige Strecke sich auf deutscher Seite „auf einem Parkplatz einfädeln muss“?

Albig sagte: „Die dänische Regierung ist unser Partner in der Debatte mit der Bundesregierung.“ Heißt: Kopenhagen soll auch mit Druck machen, dass die neue Verbindung und das Zusammenwachsen der dänisch-deutschen und damit einer europäischen Wirtschaftsregion nicht im Kleinklein deutscher Planung hängen bleibt. Mit dem Kampfbegriff „Fehmarn 21“ – in Anlehnung an das erst per Volksentscheid vorangebrachte Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 – wurde die Kampflinie der erbitterten Gegner ja bereits vorgegeben. „Wenn es Erfolg haben soll, muss es zu Ende gedacht werden“, sagte Albig nach dem Gespräch mit dem dänischen Außenminister. „Dabei geht es um mehr als Beton.“ In beiden Ländern müsse die Begeisterung für das Projekt und seinen enormen Nutzen geweckt werden.

Albig erinnerte aber auch Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an den Staatsvertrag mit Dänemark zum Tunnelbau: „Es geht darum, dass die Bundesregierung zu ihren Verpflichtungen steht.“ Die Kosten für eine neue Brücke zwischen Fehmarn und dem Festland könnten deutlich höher werden als geplant. Doch ohne sie ist die ganze neue Querung nur ein Tunnel zum Stau.

Am Donnerstag trifft Albig sich mit Wirtschaftsvertretern und den Planern der neuen Fehmarnbelt-Querung. Außerdem ist ein Gespräch mit der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt geplant, ebenfalls eine glühende Sozialdemokratin.

Albig sagte über seinen ersten Besuch bei den dänischen Royals: "Es war ein entspanntes Gespräch. Für kleinbürgerliche Menschen wie mich ist so ein Schloss schon etwas besonderes. Heizen möchte ich da nicht."

Der Sozialdemokrat betonte, dass sich die Dänen generell sehr um die Deutschen bemühten. Protokollegerecht habe er sich allerdings an dem ihm zugewiesenen Punkt verbeugt, als Könign Margrethe II. erschien.

Da fällt der kleine zeitliche Ausrutscher im Schloss Amalienborg nicht so ins Gewicht. Die Königin, die in diesem Jahr 40-jähriges Thronjubiläum feierte, wird die zwei Minuten Wartens auf Albig möglicherweise für eine ihrer versteckt gerauchten Zigaretten genutzt haben.

Fotos und Videoaufnahmen ließ sie nicht zu. Es sollte ein ganz privater Besuch für Albig werden. Denn schließlich regieren die Dänen über den SSW ja jetzt in Schleswig-Holstein mit – fast 150 Jahre nach dem Ende der dänischen Herrschaft über das Land zwischen Nord- und Ostsee.