Regierungschef fordert Konsequenzen: Beziehung zu Rechtsextremisten allein sei jedoch kein Grund, Sportlern Olympia-Teilnahme zu verweigern.

Schwerin. Im Fall der Rostocker Ruderin Nadja Drygalla sieht die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns bei sich keine Fehler. Als Konsequenz aus der öffentlichen Debatte um die Beziehung der Sportlerin zu einem früheren NPD-Aktivisten und ihre Nominierung für Olympia fordert sie aber eine rasche Überarbeitung bisheriger Richtlinien und sichere rechtliche Grundlagen. „Wir brauchen klare Regelungen zwischen Sport und Politik. Und wir sind der Meinung, dass eine Beziehung allein nicht reicht, sondern dass es auf den Menschen selbst ankommt, was er getan hat“, betonte Regierungschef Erwin Sellering (SPD) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in Schwerin.

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In der Beratung habe Innen- und Sportminister Lorenz Caffier (CDU) deutlich gemacht, dass es keine „weitergehende Vorwürfe“ gegen Drygalla gebe, als dass sie mit einem früheren NPD-Mitglied liiert ist. „Erkenntnisse, dass sie persönlich aktiv rechtes Gedankengut vertritt, gibt es nicht“, hob Sellering hervor. Bereits 2011 hatte das Innenministerium die Sportlerin auf ihre Beziehung angesprochen. Im Ergebnis brach die heute 23-Jährige aus dem Deutschland-Achter der Frauen ihre Ausbildung bei der Landespolizei ab und schied auch aus der Sportfördergruppe aus. Dies sei die Entscheidung von Drygalla gewesen, sagte Caffier, blieb aber die Antwort zu den genauen Gründen schuldig.

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Die Ruderin war freiwillig vorzeitig aus London abgereist, nachdem die deutsche Teamleitung von ihrer Beziehung zu dem früheren NPD-Landtagskandidaten Michael Fischer erfahren hatte. Anschließend hatte sich Drygalla mit deutlichen Worten von der rechten Szene distanziert. Nach Ansicht Sellerings war ihre Nominierung angesichts der Datenlage vertretbar. „Wenn eine solche Entscheidung nach klaren Kriterien einmal getroffen ist, dann muss man dazu auch stehen, dann kann man sie nicht aus London nach Hause schicken und dem Mediensturm überlassen“, erklärte Sellering.

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Minister Caffier wies Vorwürfe zurück, er habe Informationen zur Beziehung Drygallas nicht vor der Olympia-Nominierung an die Sportverbände weitergegeben. Die Landesverbände seien stets im Bilde gewesen, zudem habe es keinen Grund gegeben, da keine Erkenntnisse zu Straftaten vorlagen. Caffier machte deutlich, dass er eine strengere Überprüfung von Spitzensportlern und deren persönlichem Umfeld ablehnt. „Die Frage ist berechtigt, hat die Öffentlichkeit das Recht, dass wir das gesamte Umfeld von Mensch in Spitzenfunktionen ausleuchten, dass wir Gesinnungsschnüffelei machen. Wir sagen: Nein, das hatten wir früher und wir sind froh, dass es das nicht mehr gibt“, betonte Caffier.

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Sellering übte scharfe Kritik an der Bewertung des Falls Drygalla durch das Bundesinnenministerium, das von einem überaus extremen Vorfall gesprochen habe. „Das sind völlig überzogene Wertungen, die leider nicht abgewartet haben, bis man den Sachverhalt geklärt hat. Und das geht nicht“, mahnte der SPD-Politiker. Sellering beklagte, dass über den Fall Drygalla die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gelitten habe. Diese wichtige politische Aufgabe sei nur erfolgreich zu meistern, wenn alle Demokraten zusammenstehen und wenn sie mit rechtsstaatlichen Mitteln geführt wird. „Und für mich ist ganz wichtig, dass es immer auch einen Weg zurückgeben muss. Wir müssen die Arme aufmachen, für die, die erkannt haben, dass ihr Weg falsch ist“, sagte Sellering. Auch Caffier, der sich seit langem für ein neues NPD-Verbotsverfahren einsetzt, kündigte an, die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus weiterhin intensiv führen zu wollen.

(dpa)