Waldorfschulen wollen genauso viel Geld wie staatliche Schulen bekommen. Sie bekommen 80 Prozent statt 100 wie die staatlichen.
Kiel. Die Waldorfschulen fordern Zuschüsse in gleicher Höhe, wie sie staatliche Schulen bekommen. Durch eine gleichberechtigte Förderung staatlicher und freier Schulen müssten die Eltern ein echte Wahlfreiheit bekommen, sagte Henning Kullak-Ublick vom Vorstand des Bundes der Freien Waldorfschulen in Kiel. Derzeit gibt es für Freie Schulen nur 80 Prozent des Schülerkostensatzes vergleichbarer öffentlicher Schulen, so dass Eltern mit Schulgeld Finanzierungslücken schließen müssen. Im Bundesdurchschnitt zahlen Eltern eines Waldorfschülers jährlich gut 1800 Euro, in Schleswig-Holstein 1400.
Der Anteil der Schüler, die an Freien Schulen lernen, stieg in Deutschland von 1992 bis 2009 von 4,8 auf 7,9 Prozent. Schleswig-Holstein ist mit 4,1 Prozent Schlusslicht aller Bundesländer. Verbandsvertreter begründeten das vor allem mit der Finanzierung. Im Schuljahr 2009/2010 besuchten in Deutschland 705 000 Schüler insgesamt 3200 allgemeinbildende Privatschulen; hinzu kamen 240 000 an 2000 privaten Berufsschulen.
Mit dem Aufbau privater Schulen hätten viele Eltern und Lehrer die Initiative bei der Gestaltung des Schulwesens übernommen, sagte Kullak-Ublick. Die Politik betrachte diesen Trend in Deutschland aber oft nicht als Chance, sondern als Bedrohung des staatlichen Schulmonopols. Die Waldorfschulen wollten, dass Kinder unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern auch Freie Schulen besuchen könnten, sagte Kullak-Ublick. „Ich würde liebend gerne in Gaarden eine solche Schule betreiben.“ Das ist ein Problemstadtteil in Kiel.
Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sind an Schulgeld maximal 70 Euro im Monat je Schüler zumutbar. An den Waldorfschulen wurden jedoch bereits 2007 rund 135 Euro gezahlt. Bei Schulen im Aufbau sind es oft sogar 250 Euro und mehr, weil Eltern zur Baufinanzierung beitragen. „Durch die Finanzierungslücke, die regelmäßig bei den Freien Schulen entsteht, wird die verfassungsmäßig hinnehmbare Grenze für die Elternbeiträge in fast jedem Bundesland überschritten“, sagte in Kiel Helmut E. Klein vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.
Die elf Waldorfschulen in Schleswig-Holstein verzeichnen derzeit einen Investitionsstau von 31 Millionen Euro, sagte der Sprecher ihrer Arbeitsgemeinschaft, Thomas Felmy. Bei allen Freien Schulen - das sind 25 Einrichtungen mit zusammen gut 7500 Schülern – seien es mehr als 67 Millionen. Angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel würde es 78 Jahre dauern, bis der Renovierungsbedarf gedeckt sei, rechnete Felmy vor.
Trotz aller Probleme kommen auch im Norden weitere Freie Schulen hinzu. So sei in Wöhrden im Kreis Dithmarschen eine Waldorfschule entstanden, weil dort eine staatliche Schule geschlossen wurde, sagte Felmy. Die Gründung habe sogar dazu beigetragen, dass Familien in den Ort umzogen. (dpa)