Stromausfall in Hannover sorgte für Produktionsausfälle bei VW und Continental. Während des Stromausfalls gab es mehrere Einbrüche.

Hannover. Der Stromausfall in Hannover hat am späten Mittwochabend nicht nur für dunkle Wohnungen und Straßen gesorgt: Bei dem Autohersteller VW und dem Automobilzulieferer Continental, den zwei größten Industrieunternehmen der Stadt, führte der Stromausfall zu Produktionsausfällen. Wie ein VW-Sprecher am Donnerstag in Hannover sagte, seien mehrere Produktionsmaschinen bei Volkswagen Nutzfahrzeuge durch den Ausfall beschädigt worden. Daher konnte in der Nacht eine zweistellige Zahl von Fahrzeugen nicht gebaut werden.

Der Zusammenbruch des Stromnetzes brachte auch beim Automobilzulieferer Continental die Produktion zum Stillstand. In einigen Bereichen hätten Mitarbeiter der Nachtschicht bis in den Donnerstag hinein Maschinen von erkalteter Gummimasse gereinigt, sagte eine Conti-Sprecherin.

Knapp 600.000 Menschen von Stromausfall betroffen

Nach Angaben der Stadtwerke waren knapp 600.000 Menschen vom Stromausfall betroffen. Die Versorgung sei in der niedersächsischen Landeshauptstadt und in Langenhagen komplett ausgefallen sowie teilweise in Laatzen, Seelze und Ronnenberg, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.

Der totale Stromausfall in Hannover ereignete sich um 22.34 Uhr nach einer Störung in einer Umspannstation in einem Kraftwerk östlich von Hannover, wo ein sogenannter Netzkuppler ausgefallen war. Zugleich habe man wegen einer Störung im Umspannwerk Mehrum aus dem Hochspannungsnetz keinen zusätzlichen Strom beziehen können. Beides habe nach Angaben des lokalen Versorgers Enercity zum Zusammenbruch des Netzes in der Stadt geführt.

Der Strom fiel um 22.34 Uhr aus. Neun Minuten später hätten erste Haushalte wieder versorgt werden können, sagte Sprecher Marco Callen. Bis 23.55 Uhr sei schrittweise die gesamte Versorgung wiederhergestellt worden. Dafür habe man andere Verbindungen zum Hochspannungsnetz aufgemacht und zudem ungenutzte eigene Kraftwerkskapazitäten hochgefahren. Einen bundesweiten Mangel an Strom oder Kraftwerkskapazität habe es nicht gegeben.

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Hannover 20 Minuten lang ohne Strom

Wegen eines Stromausfalls um 22:34 Uhr lagen Hannover und die Nachbarstadt Langenhagen am späten Mittwochabend für etwa 20 Minuten im Dunkeln. Für 70 Prozent der Kunden gab es danach wieder Strom, um 0.15 Uhr waren nach Angaben eines Sprechers Stadtwerke Hannover alle Kunden wieder versorgt. Ein technischer Defekt in einer Einspeisestation in Mehrum (Landkreis Peine) sei die Ursache für den Totalausfall gewesen. Die Fehleranalyse habe bereits begonnen. Alle Protokolle würden nun ausgewertet. Nähere Einzelheiten sollten am Nachmittag bekanntgegeben werden. Die Station sei sehr wichtig für das Stromnetz und konnte nicht schnell durch Zuschalten anderer Kapazitäten ersetzt werden. Nach Mitternacht war die Stadt wieder zu 100 Prozent mit Strom versorgt.

Wegen des Stromausfalls musste die Feuerwehr in der Nacht zum Donnerstag zu zahlreichen Einsätzen ausrücken. Innerhalb von dreieinhalb Stunden gingen 785 Notrufe ein, die zu 75 Einsätzen führten, wie die Feuerwehr am Morgen mitteilte. Ein Großteil davon betraf Einsätze wegen ausgelöster Brandmeldeanlagen.

In neun Fällen mussten Menschen aus festsitzenden Aufzügen gerettet werden. Zudem musste in acht Pflege- und Altenheimen die Notstromversorgung hergestellt werden, damit Beatmungsgeräte funktionierten. Insgesamt war die Feuerwehr mit 350 Leuten, darunter die gesamte Freiwillige Feuerwehr sowie dienstfreie Kräfte, im Einsatz.

Die Polizei hatte am frühen Donnerstagmorgen noch keine detaillierte Übersicht über die Vorkommnisse der Nacht. Es habe zwar einige Einbruchdiebstähle gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Nicht klar sei aber, ob sie auf den Stromausfall zurückzuführen seien. Im Stadtteil Roderbruch seien bei drei Geschäften die Scheiben zerschlagen und die Auslagen gestohlen worden. Mehr Verkehrsunfälle als in einer gewöhnlichen Nacht habe es in Hannover aber nicht gegeben. Die Polizeistationen seien auch trotz des Stromausfalls zu erreichen gewesen.

Nach Angaben eines Bahnsprechers war der Zugverkehr im Bereich Hannover nicht gravierend beeinträchtigt wegen des Stromausfalls. Im Hauptbahnhof Hannover hätten Notstromaggregate die Versorgung übernommen, sodass der Bahnhof nicht völlig im Dunkeln lag, sondern per Notbeleuchtung erhellt wurde. In einigen Vorortbahnhöfen, wo es keine Notstromversorgung gab, lagen die Stationen zeitweilig im Dunkeln. Aus Sicherheitsgründen mussten die Züge diese Bahnhöfe mit verminderter Geschwindigkeit passieren, wodurch es zu leichten Fahrplanverzögerungen kam. Die Bahnbetriebszentrale war durch die Notstromversorgung voll einsatzfähig. Die Oberleitung war durch den Stromausfall im Stadtgebiet nicht betroffen, weil der aus einem anderen Netz kommt.

Auch auf dem Hannover Airport in Langenhagen fiel nach Angaben der Bundespolizei zeitweilig der Strom aus. Die Notstromversorgung habe aber umgehend eingesetzt. Ein Sprecher des Flughafens sagte zunächst, der Flughafen sei vom Stromausfall nicht betroffen gewesen.

Die Feuerwehr bezeichnete die Lage während des Stromausfalls als unübersichtlich. Man habe zunächst niemanden bei den Stadtwerken erreichen können, sagte ein Sprecher. Dazu kam ein Brand bei der medizinischen Hochschule, der viele Kräfte in Anspruch nahm, sich dann aber als harmlos herausstelle.

Spektakuläre Stromausfälle in Deutschland

Juni 2011: Nach einem Feuer in einem Umspannwerk sind ganz Lübeck und Teile von Ostholstein 40 Minuten lang ohne Strom. In einem Vergnügungspark bleiben Achterbahnen, Karussells und Riesenräder stehen.

September 2010: Im Norden Hamburgs und im benachbarten schleswig-holsteinischen Norderstedt sind 30.000 Haushalte sieben Stunden lang ohne Strom. Die Ursache: Nach mehreren Kurzschlüssen in unterirdischen Stromkabeln zu einem Umspannwerk erfolgte eine Sicherheitsabschaltung.

Januar 2007: "Kyrill“ legt weite Teile Europas lahm: Der Orkan reißt zahllose Stromleitungen ab und verursacht dadurch in einigen Regionen Deutschlands tagelange Stromausfälle.

November 2006: Nach mehreren Pannen im deutschen Stromnetz gehen in Millionen Haushalten in Westeuropa die Lichter aus. In Deutschland sitzen weit über eine Million Menschen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen im Dunkeln. In Frankreich und Belgien haben nach Medienberichten fünf Millionen Bürger keinen Strom.

November 2005: Nach einem Wintereinbruch knicken mehr als 80 Strommasten im Münsterland um. Zeitweise ist mehr als eine viertel Million Menschen von der Versorgung abgeschnitten, Tausende sitzen sogar tagelang im Dunkeln.

September 2004: Beim bis dahin größten deutschen Nachkriegs- Störfall sitzen rund eine Million Menschen in Rheinland-Pfalz im Dunkeln. Auch das benachbarte Luxemburg ist betroffen. Als Auslöser gilt ein Kurzschluss. (dpa/dapd)