Das Jungtier soll an der Nordsee wieder zu Kräften kommen. Seehundstation Friedrichskoog: “Die kleine Robbe ist schmächtig, aber gut drauf.“
Eckernförde/Friedrichskoog. Der kleine Seehund, der im Segelhafen von Eckernförde seit dem Wochenende Besucher angelockt hat, ist zur Kur: Das zwei Monate alte Tier soll an der Nordsee aufgepäppelt werden. „Die kleine Robbe ist relativ schmächtig, aber gut drauf“, sagte die Leiterin der Seehundstation Friedrichskoog (Kreis Dithmarschen), Tanja Rosenberger, nach der tierärztlichen Untersuchung des Seehund-Babys am Mittwoch. „Tilda“, wie der neue Schützling getauft wurde, bezog zunächst ein Quarantänebecken.
Die Seehundstation Friedrichskoog ist nach einem internationalen Abkommen im Land zwischen den Meeren die einzige berechtigte Aufnahmestelle für Seehund-Waisen und Kegelrobbenbabys. Dass Seehunde aus der Ostsee in Friedrichskoog aufgezogen werden ist eher selten, wie Rosenberger berichtete.
Anders als die „Dauerbewohner“ haben die Jungtiere in Friedrichskoog keinen Kontakt zu den Besuchern der Station. Daher ist „Tilda“ künftig auch vor gut gemeinten, aber lebensbedrohlichen Fütterungsversuchen vermeintlicher Tierfreunde geschützt. Im Segelhafen von Eckernförde hatten ihm Besucher trotz aller Warnungen Fisch hingeworfen. „Ich habe sogar Dosenfisch gefunden. Das ist besonders schlimm“, kritisiert Seehundjäger Christopher von Dollen. Er hatte das Junge zusammen mit Mitarbeitern des Forschungszentrums Westküste begutachtet und entschieden, es in die Seehundstation an Schleswig-Holsteins Westküste zu bringen. Dort werden jährlich rund drei Dutzend „Heuler“ aufgezogen – also Jungtiere, die von ihren Müttern getrennt wurden.
Mit Kleinbus und einer Transportkiste hatten sich Friedrichskooger Seehundexperten gleich nach dem Anruf aus Eckernförde auf den Weg gemacht. Noch am Vortag schien der kleine Seehund, der sich auf der Uferböschung aalte, munter. Neugierig lugte das Tier in Kameras.
Seehundnachwuchs ist etwa fünf Wochen nach der Geburt selbstständig und muss allein auf Beutezug gehen. Stört man die Entwicklung in dieser Phase, wird der Jagdinstinkt nicht ausreichend ausgeprägt. In Friedrichskoog soll der Lütte bis zu zwei Monate lang aufgepäppelt werden, bis er 20 bis 30 Kilogramm auf die Waage bringt. Nach Schätzung von Dollens wog er am Mittwochmorgen höchstens 15 Kilo. „Danach wird das Tier wieder in die Ostsee entlassen, wenn es gesund und munter ist“, sagte von Dollen.
Die Auswilderung eines Ostseeseehunds in die Nordsee und umgekehrt kommt nicht infrage. Die Tiere könnten jeweils Parasiten übertragen, gegen die ihre Artgenossen und andere Wasserbewohner nicht geschützt sind, erklärte von Dollen. (dpa)