Berichten der “Ostsee-Zeitung“ zufolge gab es nicht bekannte Atom-Transporte über den Rostocker Hafen. Das sorgt jetzt für Kritik.

Rostock/Schwerin. Die Grünen und die Linke haben öffentlich nicht bekannte Atom-Transporte über den Rostocker Hafen kritisiert. Wie die „Ostsee-Zeitung“ berichtete, gelangten zum Beispiel Anfang Mai neue Brennelemente via Rostock von Schweden zum Kernkraftwerk Brokdorf bei Hamburg. Grünen-Bundestagsmitglied Harald Terpe nannte es eine „echte Sauerei“, dass die Bevölkerung nichts davon erfahre. Linke-Landeschef Steffen Bockhahn warf Innenminister Lorenz Caffier (CDU) Fahrlässigkeit vor. „Wie der Katastrophenschutz gewährleistet werden soll, wenn der Innenminister nicht einmal den Hafen informiert, bleibt ein Rätsel“, erklärte Bockhahn.

Allein in diesem Jahr seien 21 Atom-Transporte über Rostock abgewickelt worden, schreibt die „Ostsee-Zeitung“ unter Berufung auf das Bundesamt für Strahlenschutz in Berlin. Brennelemente seien auch nach Bayern, in die Schweiz und nach Frankreich weitertransportiert worden.

Die Rostocker Bürgerschaft habe per Beschluss eine Sperrung des Seehafens für Atom-Transporte gefordert, teilte Bockhahn mit. Dennoch habe Caffiers Ministerium „offensichtlich“ Genehmigungen dafür erteilt. „Innenminister Caffier ist zuständig für Bevölkerungsschutz und Katastrophenabwehr. Sein Agieren in diesem Zusammenhang ist aber eine einzige Katastrophe“, meinte Bockhahn.

Das Innenministerium wies diese Darstellung zurück. „Die Äußerungen von Herrn Bockhahn sind nichts anderes als Wahlkampfgetöse. Hier soll bei der Bevölkerung Angst geschürt werden, um damit auf Stimmenfang zu gehen“, hieß es in einer Mitteilung. Genehmigungen zur Beförderung von Kernbrennstoffen erteile allein das Bundesamt für Strahlenschutz. Die Behörden des Landes würden jeweils informiert, wenn Beförderungsstrecken durch das Land führten.

Im Gegensatz zu den sogenannten Castor-Transporten, bei denen hoch radioaktive, abgebrannte Kernelemente befördert würden, handele es sich bei den Transporten über Rostock zudem um noch nicht gespaltene Uranprodukte, die eine sehr geringe radioaktive Strahlung aufwiesen. „Über die Häfen von Mecklenburg-Vorpommern wurden in der Vergangenheit und derzeit keine abgebrannten Brennelemente oder Rückstände aus der Wiederaufarbeitung transportiert“, betonte das Ministerium.

Die Grünen widersprachen Darstellungen, nach denen es sich um „ungefährliche neue Brennstäbe“ handele. In einigen Brennelementen seien sieben bis acht Prozent hochgiftiges Plutonium enthalten. „Wir sind bestürzt, dass weder Feuerwehr noch Hafenmitarbeiter über die Gefährlichkeit der Transporte umfassend informiert wurden. Hier hat Innenminister Caffier den Verantwortlichen sowie der Bevölkerung wichtige Informationen vorenthalten“, erklärte Johann-Georg Jaeger, Fraktionsvorsitzender der Grünen in der Rostocker Bürgerschaft. Die Grünen wollten dies nicht weiter hinnehmen. Hafengesellschaft und Fähranleger gehörten mehrheitlich der Hansestadt Rostock. „Hier wollen wir den Transporten der Atomindustrie einen Riegel vorschieben“, kündigte Jaeger an. (dpa)