Die Quelle der EHEC-Erkrankungen soll mitten in der Natur liegen. Rund um einen idyllischen Gartenbaubetrieb in Niedersachsen herrscht Ausnahmezustand.

Bienenbüttel. Zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes gehen auf der Hofeinfahrt des Gartenbaubetriebes auf und ab. Das Grundstück ist mit Sträuchern und hohen Bäumen bewachsen, gleich nebenan liegen Kühe auf einer Weide. Nach Angaben des niedersächsischen Landwirtschaftsministers, Gert Lindemann (CDU), könnten die in dem Betrieb produzierten Sprossen Ursache der schweren EHEC-Erkrankungen sein. "Es war ein gewaltiger Paukenschlag, als wir gehört haben, dass hier die Quelle für das EHEC-Bakterium liegen soll“, sagt Bruno Greve, der direkt neben dem Hof wohnt.

Wenn es sich bewahrheite, dass hier die "Ursache allen Übels“ liege, sei das für die Allgemeinheit natürlich gut, sagt Greve. "Schlimm ist es nur, wenn der Schuss nach hinten los geht“, so der 79-Jährige. Er deutet auf die zahlreichen Kameras, die sich vor einem grünen Gittertor postiert haben. "Sollte sich der Verdacht als falsch herausstellen, kann der Schaden für den Hof nicht mehr rückgängig gemacht werden“, befürchtet Greve.

Bio-Anbau seit 1978

Der Gartenbaubetrieb liegt im niedersächsischen Bienenbüttel, einer Gemeinde mit rund 6.500 Einwohnern im Landkreis Uelzen. Auf seiner Internetseite wirbt der Betrieb mit "Bio-Anbau seit 1978“. Auf dem Gelände des Betriebes stehen hinter dem überwucherten Zaun ein Wohnhaus und ein Gewächshaus. Immer wieder fährt an diesem Vormittag eine Polizeistreife an der Hofeinfahrt vorbei. Der Betrieb ist seit Sonntag gesperrt.

Am Montag will sich keiner der Geschäftsführer gegenüber Presse äußern. Kamerateams warten vergeblich auf Interviews vor den Toren des Betriebs. Auf der Internetseite des Gärtnerhofs ist aber nachzulesen, dass man „erschüttert und besorgt“ sei, dass ein Teil der Produkte mit dem EHEC-Erreger verunreinigt sein soll.

"Wir betreiben die Sprossenproduktion seit 25 Jahren und haben bisher immer einwandfreie Ware ausliefern können. Im Januar 2011 hatten wir routinemäßig auf E.coli beprobt, die Ergebnisse waren negativ. In der zweiten Mai-Hälfte testeten wir aufgrund der aktuellen Lage zusätzlich verschiedene Sprossen, die Laborergebnisse waren ebenfalls alle negativ“, heißt es weiter auf der Internetseite.

"Auf dem Hof war alles sehr, sehr sauber“

Die Ehefrau des 79-Jährigen Greve, Hildegund Greve, traf am Montag noch eine Mitarbeiterin des Betriebes beim Einkaufen im Dorf. "Die Dame sagte mir, auf dem Hof sei alles sehr, sehr sauber gewesen“, erzählt Greve. Es sei unvorstellbar, dass hier alles ausgelöst worden sein soll, sagt die 73-Jährige und geht zurück in ihren Garten, um Wäsche aufzuhängen.

+++ Acht Sprossen-Proben in Hamburg negativ +++

Karen Erbuth fährt auf ihrem Fahrrad die kleine Straße entlang, die auf den Hof führt, vorbei an Einfamilienhäusern und Gärten. Überrascht von den vielen Leuten vor der Hofeinfahrt hält sie an. "Finanziell ist das sicherlich jetzt schon ein Desaster für die Familie“, sagt Erbuth, die wenige Meter entfernt wohnt. Die Nachbarin lebt seit 16 Jahren in dem Ort und hat bis vor einigen Jahren auch in dem Betrieb eingekauft. "Ich erinnere mich daran, dass auf dem Grundstück ein großer Erdkeller liegt“, sagt die Nachbarin. Von dort sei Obst und Gemüse direkt verkauft worden. Das habe sich aber scheinbar nicht gelohnt. Jetzt verkaufe der Betrieb seine Waren auf dem Markt in Lüneburg, sagt Erbuth.

"Hoffentlich ist alles bald vorbei“

Bruno Greve kommt aus seinem Haus und schießt mit einer Digitalkamera Fotos von den Journalisten vor dem Gartenbaubetrieb. "Wenn schon mal so viele Leute kommen, muss das auch festgehalten werden“, sagt Greve. Wollen wir hoffen, dass alles bald vorbei ist„, fügt der Rentner hinzu. Ob er den Trubel vor seinem Haus oder die EHEC-Erkrankungswelle meint, sagt Greve nicht.