Die rot-grüne Koalition in Baden-Württemberg plant offenbar eine bundesweite Suche nach geeigneten Standorten für Atommüll-Endlager.

Hannover/Gorleben. Der Vorstoß der rot-grünen Koalition aus Stuttgart facht die Debatte um die Suche nach Atommüllendlager neu an: Nach dpa-Informationen wollen Grüne und SPD in ihrem Koalitionsvertrag für die Endlagerfrage ein ergebnisoffenes bundesweites Suchverfahren vereinbaren. Damit wäre auch ein Standort in Baden-Württemberg möglich. Voraussetzung sei der definitive Ausstieg aus der Atomenergie.

Die schwarz-gelbe Landesregierung in Hannover reagierte erfreut auf die Ankündigung aus Stuttgart.

Niedersächsische Atomkraftgegner bezeichneten die Linie des designierten Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), als mutigen ersten Schritt. Allerdings müssten jetzt andere Bundesländer folgen, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Wolfgang Ehmke, am Dienstag in Lüchow. „Grundsätzlich sind jetzt auch die Bayern hier gefragt.“

Bislang haben sich vor allem die süddeutschen Länder Bayern und Baden-Württemberg strikt geweigert, über einen Endlagerstandort in ihrem Gebiet nachzudenken. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte Kretschmann zuvor aufgefordert, konkrete Vorschläge zu Endlager-Standorten in seinem Bundesland zu machen.

Nur der Salzstock im niedersächsischen Gorleben wird bisher als Lagerstätte für hoch radioaktiven Atommüll aus deutschen Kernkraftwerken untersucht. Atomkraftgegner fordern die schwarz-gelbe Bundesregierung auf, das Projekt im Wendland ganz zu stoppen.

Es müssten neben Salz- auch Ton- und Granitstein als Standorte untersucht werden, forderte BI-Sprecher Ehmke. Auch die Grünen im niedersächsischen Landtag forderten eine neue bundesweite Endlagersuche. Fraktionschef Stefan Wenzel sagte, die Äußerungen Kretschmanns bedeuteten eine „große Chance“.

Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, begrüßte ebenfalls den neuen Kurs im Südwesten. Er halte es für vorbildlich, dass sich Baden-Württemberg bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager öffnen wolle. „Das ist ein ganz wichtiges und starkes Signal“, sagte er am Dienstag im SWR-Hörfunk. Damit bestehe erstmals auch in einem anderen Land als Niedersachsen die Bereitschaft zu sagen, man stelle sich der Verantwortung.

Zugleich forderte die Bürgerinitiative rund um Gorleben Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) am Dienstag auf, er müsse endlich in die Region Gorleben kommen und sich der Debatte mit Atomkraftgegnern stellen. „Schon komisch, dass er einen Bogen ums Wendland macht“, sagte Ehmke.

Die Gorleben-Gegner kündigten weitere Anti-Atom-Proteste an. „Wir werden alles daran setzen, dass die Atommüll-Debatte geführt wird“, sagte der BI-Sprecher. Atomkraftgegner wollen an diesem Donnerstag im Wald nahe des Salzstocks zeitgleich zu einer Experten-Anhörung bei der Ethikkommission zur Energieversorgung demonstrieren. (dpa/abendblatt.de)