In Hamburg und Hannover haben die Menschen am Sonnabend, wie auch in anderen Deutschen Städten, die Abschaltung der Kernkraftwerke gefordert.

Hannover/Göttingen/Lüchow/ Hamburg. Tausende Menschen aller Altersgruppen haben am Sonnabend in Hannover, Göttingen und Hamburg die Abschaltung der Atomkraftwerke in Deutschland gefordert. In Hannover waren es nach Angaben der Veranstalter etwa 5.000, in Göttingen 1.000. Die Polizei nannte 3.000 und 600 Teilnehmer. Die friedlichen Proteste standen unter dem Motto „Atomkraft ist unbeherrschbar! Sofort abschalten!“. Im Wendland rund um Gorleben werden unterdessen Mahnwachen für die Betroffenen der Nuklearkatastrophe im japanischen Fukushima vorbereitet.

In Hamburg zählte die Polizei etwa 1.200 Teilnehmer, in Lübeck 1.000. In Hamburg zogen die Demonstranten von der Zentrale des Energieversorgers Vattenfall zum Rathaus. Aufgerufen zu den Demonstrationen hatten verschiedene Bürgerinitiativen. In allen Städten blieben die Demonstrationen friedlich.

Bei der Kundgebung in Hamburg forderte der Landeschef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Wolfgang Rose, ein Programm zum Umbau von Arbeitsplätzen in der Atomwirtschaft. Der Atomausstieg sei nicht nur eine technische und wirtschaftliche Aufgabe, sondern auch eine soziale. „Die Stilllegung vorhandener Atomkraftwerke darf nicht auf dem Rücken der betroffenen Beschäftigten umgesetzt werden“, sagte der ver.di-Landeschef.

In Hannover verlangte der evangelische Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann, die Kernkraftwerke stillzulegen. Es sei Zeit für ein Nein ohne jedes Ja, sagte er vor der Menge: „Diese Technologie ist nicht faszinierend und ein Ausweis der Grandiosität menschlicher Wissenschaft, sondern eine hochgefährliche Gratwanderung.“ Mit der Atomkraft sei zwar viel Geld zu verdienen, aber bei der Nutzung gebe es „ein letztlich unverantwortbares Risiko“.

In einer Schweigeminute wurde der Opfer des Erdbebens in Japan gedacht. Die Stadt Hannover, die seit 1983 Partnerstadt von Hiroshima ist, sammelte Spenden für die Betroffenen in Japan. Mit Sirenen und Trommeln zogen anschließend Familien mit Kindern und Hunden sowie Anhänger von Parteien, Gewerkschaftsgruppen und Umweltverbänden in einem Meer von gelben „Atomkraft-Nein-danke!“-Fahnen durch die Innenstadt. Immer wieder skandierten die Menschen in Sprechchören „Abschalten! Abschalten!“.

Bei der Abschlusskundgebung forderte der Regionsgeschäftsführer des DGB, Andreas Gehrke, die acht ältesten und gefährlichsten der insgesamt 17 deutschen Atommeiler dürften nicht nur vorübergehend stillgelegt werden. Sie müssten vielmehr dauerhaft und rechtssicher abgeschaltet werden. Zur Atomenergie gebe es genügend Alternativen. Fukushima habe gezeigt, dass auch in einem Land der Spitzentechnik der größte Unfall jederzeit möglich sei. „Auch wir in Deutschland sind vor diesem Risiko nicht gefeit. Ein Flugzeugabsturz, Sabotage, Terrorangriffe können auch deutsche Atomkraftwerke außer Kontrolle geraten lassen.“

In Göttingen warnte Rolf Bertram vom örtlichen Anti-Atom-Bündnis, auch im nahe gelegenen Kernkraftwerk Grohnde könne sich eine Katastrophe ereignen. „Atomkraftwerke müssen weltweit sofort abgeschaltet und die Wiedereinschaltung nachhaltig verhindert werden.“ Der Göttinger evangelische Superintendent Friedrich Selter sagte, die Menschen in Japan seien nicht nur durch eine Naturkatastrophe getroffen worden. „Sie wurden auch durch eine Technik getroffen, die vom Menschen gemacht ist.“ Er hoffe, dass die als besonders gefährlich geltenden Atomkraftwerke über das Moratorium der Bundesregierung hinaus abgeschaltet blieben.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg will an diesem Montag im niedersächsischen Wendland mit Mahnwachen ihr Mitgefühl gegenüber den Betroffenen der nuklearen Katastrophe von Fukushima ausdrücken. Angesichts der Feuerwehrleute und Liquidatoren, die ihr Leben riskierten, stelle sich die Frage, wer Atomenergie politisch noch verantworten könne, hieß es. Am nächsten Sonnabend sind nach Angaben der Bürgerinitiative bundesweit Demonstrationen für den Sofortausstieg geplant. Kundgebungen soll es in Berlin, Hamburg, Köln und München geben.

(dapd/EPD)