Stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende überzeugt: Führungsetagen großer Unternehmen in Deutschland werden die Frauenquote einführen.

Schwerin. Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Manuela Schwesig ist davon überzeugt, dass eine Frauenquote für Führungsetagen großer Unternehmen in Deutschland kommt. Es gehe nicht mehr um das Ob, sondern wie man die Quote einführe, sagte Schwesig in einem Interview mit der „Schweriner Volkszeitung“ von heutigen Mittwoch. „Ich bin froh, dass das Thema jetzt breit diskutiert wird“, sagte die Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns. Allerdings sei der Streit zwischen Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen und Familienministerin Kristina Schröder (beide CDU) sowie zwischen CDU und FDP „peinlich“. Er zeuge nicht von fortschrittlicher Politik. Von der Leyen strebt eine Frauenquote von 30 Prozent in Vorständen und Aufsichtsräten an, Schröder will eine flexible Regelung. Auch die FDP lehnt eine feste Quote, wie sie etwa schon in Norwegen für börsennotierte Unternehmen existiert, ab.

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Die Frauenquote lohnt sich

Mit der Frauenquote ist es wie mit dem Rauchverbot. Man muss nicht beklatschen, dass der Staat ein gesundes Nebeneinander von Rauchern und Nichtrauchern mit Drohungen durchsetzt. Eigentlich hätte Rücksichtnahme in Kneipen und Flugzeugen freiwillig funktionieren sollen. Genauso wäre es eleganter, käme Deutschland ohne gesetzliche Quote für Frauen in Führungspositionen aus. Kommt es aber nicht.

Der Anteil von Chefinnen in den 200 größten deutschen Unternehmen lag 2010 bei nur 3,2 Prozent. In den Aufsichtsräten sieht es kaum besser aus. Die "Selbstverpflichtungen" der Firmen haben fast nichts bewirkt. Und das ist ein Fehler, den nun die Politik mit einer Quote korrigieren muss. Deutschland hat ein volkswirtschaftliches Interesse daran, dass Akademikerinnen eine Karriere ermöglicht wird, die ihrer teuren Ausbildung - vor allem aber ihrem Potenzial - gerecht wird. Gerade in Zeiten des Mangels an Fachkräften ist das entscheidend, denn längst wird unsere Dienstleistungsgesellschaft nicht mehr getragen von der Kraft des Mannes, der Kohle schürft oder Autoteile schweißt.

Für die Firmen lohnt sich die weibliche Führung. Wo ihr Anteil hoch ist, sind die Renditen im Schnitt zwischen 30 und 60 Prozent höher, ergaben Studien der Unternehmensberatung McKinsey und von Arbeitsforschern. Aktienkurse steigen - Chefs von heute wissen das längst.

Doch nicht nur für den Umsatz steht die Frauenquote. Sie ist eine Schraube, vielleicht die größte, an der die Politik drehen kann, um eine moderne Karrierekultur in Deutschland zu etablieren. Heimarbeitsplätze für Topmanager und eine Quote für Teilzeitkräfte in Führungspositionen sind ebenso wichtige Schritte zu diesem Ziel.

Um dies durchzusetzen, bedarf es eines Umdenkens bei vielen Männern - und einer kritischen Masse an Frauen. Nur eine Quote bringt sie schnell an die Macht. Was in diesem Prozess wenig hilft, sind ideologisches Getöse und Geschlechterkampf. Männer-Sprüche über die Frau, die doch gar nicht Karriere machen wolle, sind peinlich und gestrig. Und Frauen dürfen die Quote nicht länger als "Gnadenerlass der Herrenklubs" empfinden, sondern als Chance, ihr Können zu beweisen. Norwegen hat es vorgemacht: Seit 2003 gibt es dort die Frauenquote per Gesetz. Heute sind gut 40 Prozent aller Aufsichtsräte von Börsen-Unternehmen weiblich. Das ist Spitze in Europa. Und kaum jemand redet über die Quote.

(Mit Material von dpa)