Weder die Besetzer noch die Polizei geben nach. Im Gegenteil: beide Seiten rüsten auf. Ein Großaufgebot der Polizei steht zur Räumung bereit.

Berlin. Am Mittwochmorgen könnte es in Berlin zu einem "Showdown" im Morgengrauen kommen. Dann nämlich soll das besetzte Haus in der Liebigstraße 14 in Berlin-Friedrichshain endgültig von einem Großaufgebot der Polizei geräumt werden. Ein Gewaltausbruch scheint kaum noch abzuwenden zu sein. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kündigte das für den Fall an, dass die Bewohner nicht freiwillig abziehen. Die Besetzer versuchten die bevorstehende Räumung am Dienstag in letzter Minute per Gerichtsentscheid zu verhindern, scheiterten aber beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg. Auch eine Beschwerde beim Berliner Landgericht blieb am Abend ohne Erfolg, wie Gerichtssprecher Ulrich Wimmer sagte.

Auf Balkonen des besetzten Hauses bauten die Bewohner Stacheldraht und Barrikaden auf. Körting forderte die Besetzer zu einem friedlichen Rückzug auf. „Es gibt nur eine Situation, die Räumung zu verhindern, wenn die Mieter das Haus friedlich zurückgeben“, sagte er. „Ich kann nur empfehlen, so zu verfahren.“ Körting ließ keinen Zweifel daran, dass die Polizei den Gerichtsvollzieher bei der Durchsetzung des Räumungsbefehls unterstützen werde. „Die Polizei wird dem Gerichtsvollzieher helfen, so deeskalierend wie möglich. Wir haben kein Interesse an einer Eskalation.“ Die Mieter seien rechtskräftig gekündigt worden und in zwei Gerichtsinstanzen unterlegen. Über die Zahl der eingesetzten Polizisten sagte Körting aus taktischen Gründen nichts. Sie würden nicht nur in der Liebigstraße 14 präsent sein, sondern auch an vielen anderen Orten in der Stadt, weil die Besetzer und ihre Sympathisanten viele dezentrale Protestaktionen angekündigt hätten. „Die Polizei wird alles unternehmen, um Polizeibeamte und Unbeteiligte vor schweren Straftaten, die von der linksautonomen Szene ausgehen, zu schützen“, sagte Körting. Das Potenzial dieser Szene bezifferte er in Berlin auf rund 1000 Anhänger. Auf die Frage, wie er den bevorstehenden Räumungseinsatz im Vergleich zum 1. Mai einschätze, meinte er: „Ich würde es tiefer hängen.“

Ein Antrag des Vereins Liebig 14 beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg gegen die Räumung wurde abgewiesen. Das Gericht entschied, der Verein sei nicht regulärer Mieter und könne so auch rechtlich nicht die Räumung verhindern. Der Verein hatte argumentiert, die bisherigen Mieter, gegen die ein Vollstreckungsbescheid für eine Räumung vorliege, seien ausgezogen, und gegen die jetzigen Bewohner aus dem Verein gebe es keine Räumungstitel. Der Gerichtsvollzieher wird am Mittwoch, 8.00 Uhr, erwartet. Die Polizei bereitet sich mit einem Großaufgebot vor, um Amtshilfe bei der Räumung zu leisten. Bereits am Wochenende kam es bei einer Demonstration zu Gewaltausbrüchen und Angriffen auf Polizisten. Die Vertreter des Vereins Liebig 14 wollten sich am Dienstag nicht eindeutig von der Gewalt distanzieren. „Mit einer friedlichen Lösung ist dann Schluss, wenn hier 1000 bewaffnete Polizisten auftauchen“, sagte ein junger Mann aus dem Verein, der seinen Namen nicht nennen wollte, am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag. „Was am 2. Februar passiert, liegt zu einem großen Teil nicht in unserer Hand“, sagte einer der Besetzer und betonte: „Wir werden das Haus nicht besenrein übergeben.“

Die Politik der Verdrängung von Menschen aus ihren Kiezen sei Schuld an der Eskalation und verantwortlich für die Wut in der Szene. Es sei aber nicht zu befürchten, dass Menschen aus dem Haus nach der Räumung obdachlos würden, sagten die Besetzer. Es gebe viel Unterstützung und Solidarität im Umfeld und der Nachbarschaft. Das Haus im Ostteil Berlins war 1990 besetzt worden. Die Bewohner erhielten später Mietverträge, wurden aber gekündigt, als zwei Privatleute das Haus Ende der 90er Jahre kauften. Daraufhin hatte die Wohngemeinschaft einen Räumungsbescheid mit Frist für den 2. Februar, 8.00 Uhr, erhalten.