Für Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, gibt es nicht nur in Süddeutschland alternative Standorte.

Gorleben/Berlin. Bei einer möglichen neuen Suche für ein Atommüll-Endlager gibt es nach Angaben des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) nicht nur in Süddeutschland denkbare Standorte. „Was oft vergessen wird: Auch andere Salz-Standorte könnten von Bedeutung sein, die sich hauptsächlich im norddeutschen Raum befinden“, sagte BfS-Präsident Wolfram König in Berlin. Zuvor hatte sich Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) für eine bundesweite Suche ausgesprochen, sollte sich der Salzstock in Gorleben als ungeeignet herausstellen. Als Gorleben ausgewählt worden sei, habe es nur die Sichtweise bis zur DDR-Grenze gegeben, sagte der oberste Strahlenschützer König.

„Wir haben mit den neuen Bundesländern einen erweiterten Suchraum, der miteinbezogen werden müsste“, betonte der BfS-Präsident mit Blick auf einen möglichen Neustart und eine Erkundung auch im Süden und Osten. Nach dem Stand von Wissenschaft und Technik wären dabei zunächst die fachlichen Kriterien festzulegen. Zudem müsste ein Endlager in einem transparenten Verfahren unter Einschluss der Öffentlichkeit gesucht werden. 2003 sei ein ähnliches Verfahren wie in Deutschland mit Gorleben von der Schweiz abgebrochen worden. Dort prüfe man nun parallel und ergebnisoffen mehrere Standorte für Atommüll-Endlager. Eine Suche nach einer Alternative zu Gorleben sei auch nur sinnvoll, wenn nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholt würden, sagte König. „Das bedeutet insbesondere, dass Regionen nicht allein aufgrund politischer Überlegungen ausgeschlossen werden dürfen, sondern nur aufgrund wissenschaftlicher Kriterien.“

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In Deutschland habe sich die Politik dafür entschieden, allein Gorleben weiter zu erkunden. Bei Gorleben müsse das BfS nun als Betreiber des Salzstocks in einer ersten Phase, die mindestens bis 2017 dauern dürfte, prüfen, ob alle Sicherheitsanforderungen an ein Endlager für radioaktive Abfälle erfüllt werden. Wenn eine Eignungsfeststellung getroffen werden kann, müsse danach der eigentliche Eignungsnachweis in einem atomrechtlichen Planfeststellungsverfahren erbracht werden, sagte König. Bei der Frage nach Alternativen sei festzuhalten, dass es in der Bundesrepublik drei Wirtsgesteine gebe, die grundsätzlich für die Endlagerung in Frage kommen, sagte König. „Das ist Salz, das ist Tongestein, und das ist mit Abstrichen Granit.“ Man wisse, dass vom Grundsatz her in Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in Niedersachsen entsprechende Tonvorkommen existieren.

„Aber wenn man ein derartiges Standortsuchverfahren beginnt, dann muss dieses ohne politische Vorfestlegungen erfolgen“, betonte König mit Blick auf weitere Salzvorkommen im Norden und die bisher nicht untersuchten Gebiete in Süd- und Ostdeutschland. Hinsichtlich der Forderungen aus Niedersachsen, vorerst auf Castor-Transporte in das oberirdische Zwischenlager in Gorleben zu verzichten, verwies König auf kaum vorhandene Alternativen. Bei zwölf Atomkraftwerken existierten zwar kleinere Zwischenlager. Aber für die Aufnahme im Ausland wiederaufgearbeiteten Atommülls müssten die Energieversorgungsunternehmen entsprechende Änderungsanträge für ihre Betriebsgenehmigungen an das BfS stellen. An hoch radioaktiven Abfällen seien noch elf Behälter aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague (Frankreich) und 21 aus Sellafield (Großbritannien) zu erwarten, sagte König. Diese sollen nach bisheriger Planung alle nach Gorleben gehen. König appellierte an die Energiekonzerne, die Transporte in möglichst großer Castor-Stückzahl durchzuführen, um eventuell mit drei Transporten auszukommen. „Angesichts des enormen Aufwands und der hohen Kosten für die öffentliche Hand wäre es sinnvoll, die Transporte zu bündeln.“