Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann will mit einem neuen Konzept der Radikalisierung von jungen Muslimen entgegenwirken.
Hannover. Niedersachsen plant ein Aussteigerprogramm für die meist jungen muslimischen Extremisten. Dieses Projekt ist, wie Innenminister Uwe Schünemann (CDU) erläuterte, Teil eines umfassenden Handlungskonzepts, bei dem es vor allem um Vorbeugung und Aufklärung geht: "Wir wollen der Radikalisierung so früh wie möglich begegnen und den Terrorismus langfristig wirksam bekämpfen."
Laut Ministerium leben in Niedersachsen rund 230 000 Muslime, Verfassungsschutzchef Hans-Werner Wargel schätzt die Zahl der Islamisten auf rund 3300. Bis zu 300 werden der Gruppe der Salafisten zugerechnet. Insgesamt rund 100 Personen gelten als gewaltbereit. Besonders wichtig aus der Sicht der Politik: Die Vertreter der großen muslimischen Organisationen Ditib und Schura Niedersachsen waren beim Erarbeiten des Konzepts eingebunden und haben laut Schünemann "ihre grundsätzliche Bereitschaft zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit erklärt".
+++ Islamisten nutzen Anschrift des türkischen Konsulats +++
Der Minister war noch vor zwei Jahren mit den muslimischen Verbänden aneinandergeraten, weil er verdachtsunabhängige Kontrollen vor Moscheen angeordnet hatte. Der damalige Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) stoppte diese Praxis. Schünemann versichert jetzt: "Es geht nicht darum, jemanden unter Generalverdacht zu stellen."
Das Aussteigerprogramm für Islamisten - nach dem Vorbild eines ähnlichen Angebots an Rechtsextremisten - bietet nicht nur eine Telefonhotline an. Der Verfassungsschutz wird auch offensiv an potenzielle Ausstiegswillige herantreten. Geplant ist ein Netzwerk aus Landesministerien, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden, um auch ratsuchenden Angehörigen von radikalisierten Personen Hilfen zu bieten. "Maßgeschneiderte Prävention" nennt das der Minister und fordert mehr Aufklärung auch an den Schulen über den extremistischen Islamismus. Es gehe darum, Legendenbildung vorzubeugen: "Der Kampf gegen den Islamismus ist kein Kampf gegen den Islam."