Till Backhaus (SPD) und Hans-Heinrich Sander (FDP) unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung zum gemeinsamen Vorgehen der Elbanrainer.
Bleckede. Ein Jahr nach dem letzten Rekordhochwasser an der Elbe haben sich Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern erstmals auf gemeinsame Uferschutz-Maßnahmen verständigt. Büsche und Bäume, die seit der Grenzöffnung vor zwei Jahrzehnten an beiden Elbseiten wachsen, behinderten den raschen Abfluss der Wassermassen, erklärte der Schweriner Landesumweltminister Till Backhaus (SPD) am Mittwoch. In Bleckede (Kreis Lüneburg) unterzeichnete er und Niedersachsens Landesumweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) eine Erklärung über ein abgestimmtes Gehölzmanagement, das Staus bei Hochwasser verhindern soll.
Die Durchflussgeschwindigkeit an der Mittelelbe könnte dank des beinahe abgeschlossenen Deichbaus bei 4500 Kubikmetern pro Sekunde liegen, erreiche aber wegen des Bewuchses der Elbvorländer derzeit nur 3500 Kubikmeter je Sekunde, sagte Backhaus. In Extremfällen sei mit dem Brechen der Deiche zu rechnen, wenn nicht mit einem Gehölzmanagement gegen das Aufstauen der Wassermassen vorgegangen werde, betonte Backhaus. Neben dem vorsichtigen Auslichten der Auenwälder sei auch das Abgraben von Sedimenten sowie das Ausbaggern von Flutrinnen geplant. Die Deichschutzmaßnahmen sollen möglichst 2013 beginnen. Es ginge um die Sicherheit sowie das Hab und Gut von 14 000 Bewohnern der Region, hieß es.
Umweltschützer kritisieren das Vorhaben. Das Fällen von Auwald an den Ufern der Mittelelbe widerspreche europäischen Naturschutz-Richtlinien, erklärte Arndt Müller, Naturschutzreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Schwerin. „Flussauen sind in der EU hochgradig geschützte Lebensräume und gehören im naturnahen und natürlichen Zustand zu den artenreichsten Ökosystemen Europas.“ Hochwasserlagen ließen sich auch mit so genannten Flutmulden, dem Rückversetzen von Deichen oder dem Beweiden des Deichvorlandes entschärfen. Zugleich schützten Gehölze bei Winterhochwasser die Deiche vor der zerstörerischen Kraft der Eisschollen, meinte Müller.
Der Elbe müsse insgesamt mehr Raum gegeben werden, damit sich Hochwasser besser verteilen könne, forderte der Naturschutzexperte. Südlich von Boizenburg sei dies mit der Rückverlegung des Deiches von Mahnkenwerder (Kreis Ludwigslust-Parchim) bereits umgesetzt worden, sagte Backhaus bei einer Deichbegehung am Vormittag. 2009 wurden hier 100 Hektar Land ausgedeicht und sogar eine künstliche Biberburg geschaffen. Rückschnitt von Buschwerk und umgestürzten Bäumen könnten den Abfluss der Elbe bei Hochwasser derart beschleunigen, dass den Deichen bei extremen Pegelständen rund 50 Zentimeter mehr Spielraum bleibe, erklärte Backhaus.
Insgesamt flossen seit 2002 in Niedersachsen 146 Millionen Euro und in Mecklenburg-Vorpommern seit 1992 rund 80 Millionen Euro in den Deichbau. Nun habe Erhalt und Pflege der Deiche Priorität, so Backhaus. „Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser“, sagte er. Mindestens drei Extremereignisse seien in jedem Jahrzehnt zu erwarten. Zum Schutz der Polder bereite er daher für Mecklenburg-Vorpommern ein Grünlandumbruchsverbot noch in 2012 vor.
(dpa/abendblatt.de)