Wismarer Ingenieure entwickeln derzeit den ersten “Solarsee“. Das schwimmende Kraftwerk kann bis zu 6000 Menschen mit Strom versorgen.
Wismar/Babenhausen. Ein schwimmendes Solarkraftwerk wollen Wismarer Ingenieure auf einem Kiessee im hessischen Babenhausen zu Wasser lassen. Zusammen mit Partnern aus der Industrie entwickeln sie derzeit den ersten „Solarsee“ mit einer neun Hektar großen Photovoltaikanlage, wie Projektleiter Sebastian Bieler von der Perebo GmbH in Wismar erklärt. Die Anlage solle möglichst noch in diesem Jahr ans Netz gehen und dann mit einer Leistung von 6,5 Megawatt umweltfreudlichen Sonnen-Strom erzeugen, der zur Versorgung von etwa 6000 Menschen reiche. Gegenüber herkömmlicher Stromerzeugung mit Hilfe von Kohle oder Gas könnten so jährlich 5000 Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids oder auch 100 Hektar Maisanbau für Biogasanlagen eingespart werden, erklärt Bieler.
Das 2006 von Absolventen der Hochschule Wismar gegründete Sechs-Mann-Unternehmen Perebo entwickelt und konstruiert Haus-, Polizei- und Arbeitsboote sowie schwimmende Tragwerke für Energieanlagen im In- und Ausland. Kunststoffpontons sowie stählerne Träger und Gründungspfähle für den „Solarsee“ sollen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern gefertigt werden. Die Solarmodule seien bei Eurosol Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) in Auftrag gegeben worden, wie es hieß. Die Module sollen etwa ein Drittel der Seefläche bedecken. Betreiber wird das Baggerunternehmen Hardt KG Babenhausen. Das Investitionsvolumen liege im zweistelligen Millionenbereich, teilte die Firma mit.
Den Weg aufs Wasser begründen die Wismarer Ingenieure mit dem zunehmenden Mangel an geeigneten Flächen für Photovoltaikanlagen an Land. „Äcker stehen dafür in Europa kaum mehr zur Verfügung, allenfalls noch Mülldeponien“, meint Perebo-Geschäftsführer Matthias Feldmann. Schwimmende Solarsysteme indes hätten gleich mehrere Vorteile: Die auf Pontons verankerten Module würden von unten gut gekühlt und damit ihr Wirkungsgrad – die Energieausbeute – erheblich erhöht. Zugleich würde das Wasser beschattet, starke Algenbildung damit vermieden und die Verdunstung von wertvollem Nass gestoppt, erläutert Feldmann.
Erste Beispiele für schwimmende Solarkraftwerke gebe es auf Bewässerungskanälen in den USA, doch der „Solarsee“ wäre weltweit einmalig, betonen die Entwickler. Interesse an der Innovation gebe es unter anderem aus Frankreich und Indonesien. „Großes Potenzial haben Stauseen etwa in Nordafrika oder Asien, die mit großflächigen Solaranlagen die Wasserverdunstung reduzieren und zugleich Strom produzieren könnten“, meint Feldmann. Auch für die rasche Notversorgung in Hochwassergebieten ließen sich schwimmende Solarmodule nutzen.
Die Möglichkeiten in Deutschland sehen die Wismarer indes eher gering. Sogar im wasserreichen Mecklenburg-Vorpommern seien die Seen den Touristen und Sportlern vorbehalten. Allenfalls im Süden der Bundesrepublik könnten Solarmodule auf ungenutzten Baggerseen oder gefluteten Tagebauen ausgelegt werden. Als nachteilig sehen die „Sonnensee“-Planer auch die Verringerung der Solarförderung des Bundes, die für Freiflächen ab Oktober gelten soll.