Die Regierung in Kiel will das Gebührenfreie Kita-Jahr nach nur sechs Monaten wieder abzuschaffen. SPD spricht von “Wählertäuschung“.

Kiel. Die Gebührenfreiheit für das letzte Kindergarten-Jahr droht zur kurzlebigsten Sozialmaßnahme in der jüngeren Geschichte Schleswig-Holsteins zu werden. Überlegungen in der CDU/FDP-Koalition, die erst im Sommer eingeführte Beitragsfreiheit wieder abzuschaffen, lösten am Morgen im Landtag eine heftige Debatte um wünschenswerte Leistungen und deren Finanzierbarkeit aus. SPD und Grüne warfen Schwarz-Gelb Wählertäuschung und eine verfehlte Politik vor. Die Gebührenbefreiung für ein Jahr kostet das Land jährlich 30 Millionen Euro.

In einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde machte der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian von Boetticher die Entscheidung über das beitragsfreie Kita-Jahr von einem Gesamt-Spartableau abhängig, das noch aufgestellt werden soll. „Ich möchte gerne, dass wir drei beitragsfreie Jahre haben“, sagte von Boetticher. So etwas dürfe aber nicht zulasten der nächsten Generationen „auf Pump“ gemacht werden. Das Land stehe vor der großen Herausforderung, sich überhaupt erst wieder in die Lage zu versetzen, „soziale Wohltaten“ zu verteilen, die nicht mit neuen Schulden bezahlt werden. Beim Sparen dürfe es keine Tabus geben, bekräftige von Boetticher. Er warf der SPD vor, sie sei nie konkret zum Sparen bereit gewesen.

Bei der Kinderbetreuung zu sparen sei der falsche Weg, betonte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner. Wenn die Koalition eine Abschaffung der Gebührenfreiheit eiskalt durchziehe, wäre dies Wählertäuschung. „An den Kindern und ihrer Förderung hängt unsere Zukunft“, sagte Stegner. Gebührenfreiheit sei ein entscheidender Schritt, finanzielle Hürden für den Kita-Besuch abzubauen. Im Norden seien die Beiträge bundesweit am höchsten.

„Das ist dreister Wahlbetrug“, wetterte die Grünen-Abgeordnete Monika Heinold in Richtung Schwarz-Gelb. „Irrsinnige Steuergeschenke“ führten dazu, dass die Beitragsfreiheit auf dem Prüfstand ist. „Irrsinnige Steuersenkungen können wir uns nicht leisten, gute Bildung müssen wir uns leisten“, sagte Heinold. Ähnlich argumentierte Antje Jansen von der Linken: „Bildung ist die beste Prävention gegen Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung“. Bildung müsse von der Kita bis zur Uni gebührenfrei werden, verlangte Wolfgang Baasch von der SPD.

Bildungsminister Ekkehard Klug (FDP) hob hervor, das beitragsfreie Jahr sei bisher nur über neue Schulden finanziert worden. „Das war und ist der Geburtsfehler.“ Es sei nicht zu vermitteln, jetzt etwas einzukassieren, wofür sich im vergangenen Jahr alle Fraktionen eingesetzt hätten, sagte SSW-Fraktionschefin Anke Spoorendonk. Auch damals habe das Land schon am finanzpolitischen Abgrund gestanden. Spoorendonk forderte massive Investitionen in die Kitas. „Sie machen das ganze Land kirre“, sagte die Grünen-Abgeordnete Anke Erdmann zu den Überlegungen in der Koalition. Die Übernahme der Kita-Kosten durch das Land sei wünschenswert, sagte Cornelia Conrad von der FDP. Doch wegen der angespannten Haushaltslage müsse alles auf den Prüfstand. Beschlossen sei aber noch gar nichts. FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki kündigte eine Entscheidung für Ende Mai/Anfang Juni an.

Zum Auftakt seiner Sitzung am Holocaust-Gedenktag gedachte das Parlament der Opfer des NS-Regimes.