Mit 24 zu 23 Stimmen votierten die Parlamentarier gegen die Verwaltungsvorlage, die grünes Licht für den Flughafen gegeben hätte.

Enschede. Es war eine lange Nacht. Erst gegen drei Uhr in der Frühe endete am Donnerstag die hitzige Debatte im Regionalparlament von Zwolle über das umstrittene Flughafenprojekt in Enschede an der Grenze zu Deutschland. Das Ergebnis war eine Überraschung: Mit 24 zu 23 Stimmen votierten die Parlamentarier gegen die Verwaltungsvorlage, die grünes Licht für den Flughafen gegeben hätte. Als Zuschauer verfolgten auch die Bürgermeister von Nordhorn und Bad Bentheim, Meinhard Hüsemann und Volker Pannen (beide SPD) die Parlamentssitzung. „Es war spanender als ein Krimi“, beschreibt Hüsemann seine Eindrücke. Es war nicht nur das Flughafenprojekt, was einen gewaltigen Dämpfer bekommen hatte. Im Streit darüber zerbrach auch die große Koalition aus Christsozialen, Liberalen und der sozialdemokratischen PvdA in der niederländischen Provinz Overijssel. In der Bewertung der Folgen gehen die Ansichten auseinander. Für den Flughafen Münster/Osnabrück (FMO) sowie die Fraktionen von CDU und FDP im niedersächsischen Landtag bedeutet der Beschluss eine klare Ablehnung des Flughafens in Enschede. Hüsemann ist da zurückhaltender. „Man muss abwarten, was jetzt in Enschede passiert“, sagt der Bürgermeister mit Blick auf seine deutlich größere Nachbarstadt.

Kommunalpolitiker dort hatten sich von dem Flughafen einen wirtschaftlichen Aufschwung und rund 2700 neue Jobs erhofft. Das Projekt besitzt auch eine städtebauliche Komponente, denn seit 2007 liegt im Stadtgebiet ein nicht mehr genutzter Militärflughafen. Mit überwältigender Mehrheit hatte der Gemeinderat der niederländischen Großstadt noch am Montag für das Projekt gestimmt. „Ich glaube nicht, dass Enschede das ohne Provinz alleine machen kann“, sagt Hüsemann vorsichtig. Auch Pannen sieht das Projekt noch nicht komplett gestorben. Der niederländische Staat habe ganz klar gesagt, der Flughafen in Enschede sei von nationaler Bedeutung. „Deshalb wird die Landebahn dort auch liegenbleiben, da mache ich mir keine Hoffnungen“, sagt der Kommunalpolitiker. Im Rathaus von Enschede gibt man sich zugeknöpft. „Die Entscheidung bedeutet eigentlich nur, dass die Stadt Enschede, die Provinz und die niederländische Zentralregierung sich wieder an einen Tisch setzen und miteinander reden müssen“, sagt Stadtsprecher Jan van Dussen. „Wir haben das Gelände immer noch. Irgendetwas muss dort passieren“, bringt van Dussen das Problem der Stadt auf den Punkt.

Erleichterung über das mögliche Aus für den drohenden Konkurrenten herrscht jedenfalls beim FMO. Die ganze Region habe hinter dem Flughafen gestanden, sagt Airportsprecher Andres Heinemann. Nun gehe es darum, Kooperationen mit den Niederlanden „wieder richtig auf den Tisch zu bringen“. Es sei beispielsweise denkbar, dass die Niederländer am Airport beteiligt würden. Auch eine bessere Anbindung des Flughafens ans Bus- und Bahnnetz in Richtung Niederlande sei wünschenswert. Das gelte ebenfalls für eine stärkere Vermarktung als „Euregio-Airport“ in den Niederlanden. Mittlerweile sehen das auch die Landespolitiker in Düsseldorf und Hannover so. „Jetzt sollte ein Schwungrad für die Euregio gesucht werden“, sagt Pannen mit Blick auf die enge Zusammenarbeit deutscher und niederländischer Kommunen in der Grenzregion. „Da sind wir offen für Entwicklungen in den Niederlanden.“ Ein Möglichkeit könnte sich bei der Eröffnung einer neuen Regionalzugverbindung zwischen Bad Bentheim und Hengelo im kommenden Jahr ergeben. Schon damit könnte der FMO deutlich näher an die Niederlande heranrücken. Eines ist den Kommunalpolitikern aus der Grenzregion wichtig: „Es soll jetzt nicht der eine als Gewinner, der andere als Verlierer dastehen. So geht das nicht“, betonte Hüsemann. Eine solche Einstellung vertrage sich nicht mit dem guten Klima, was zwischen den deutschen und niederländischen Nachbarn herrsche.