Bundesweit wurden rund eine Million Handybesitzer geschädigt. Vier Beschuldigte sitzen in U-Haft, gegen 206 weitere wird ermittelt.
Kiel. Wegen millionenfacher Abzocke mit betrügerischen Flirt-SMS hat die Kieler Staatsanwaltschaft jetzt Anklage gegen zehn Hauptbeschuldigte erhoben. Gegen weitere 206 Beschuldigte wurden gesonderte Ermittlungsverfahren eingeleitet, teilte Oberstaatsanwalt Uwe Wick, mit. Die Hauptbeschuldigten sollen als Betreiber von gebührenpflichtigen SMS-Chats seit etwa 2005 über Lock-SMS seriöse Partnerschaftsangebote vorgetäuscht und pro Antwort-SMS 1,99 Euro kassiert haben. Dabei seien bundesweit rund eine Million Handy- Besitzer abgezockt worden. Der Schaden belaufe sich auf rund 57 Millionen Euro.
Die Anklagen lauten auf gewerbsmäßigen Bandenbetrug und wurden jetzt nach monatelangen Ermittlungen in zwei Verfahren vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Kieler Landgerichts erhoben, erklärte Wick. Falls die 6. Große Strafkammer das Hauptverfahren eröffnet, könnte der erste Prozess Mitte September beginnen, sagte die Sprecherin des Landgerichts, Susanne Bracker.
Die Ermittler fassten die Strafvorwürfe gegen die Hauptbeschuldigten auf jeweils über 200 Seiten zusammen, so Wick. Vier von ihnen sitzen seit Dezember 2008 in Untersuchungshaft. Nach Erkenntnissen der Kieler Ankläger ist es bundesweit das erste Verfahren, bei dem Betreiber virtueller Kontaktmärkte wegen Betrugsvorwürfen inhaftiert wurden. Die Angeschuldigten sollen ihre Kunden dabei über die massenhaft verschickten Lock-SMS vermeintlich seriöse Möglichkeiten zu Beziehungen oder Partnerschaften mit anderen Teilnehmern angeboten haben. In Wahrheit hätten aber statt vermeintlicher Traumpartner ausschließlich angestellte Animateure die SMS-Chats betrieben und mit gefälschten Profilen angeblich Kontakt suchender Personen geantwortet.
In dem einen Verfahren geht die Staatsanwaltschaft von bundesweit insgesamt 700.000 betroffenen Handy-Nutzern aus, bei denen SMS-Gebühren von rund 46 Millionen Euro anfielen. In dem anderen Verfahren mit rund 300.000 Geschädigten bundesweit betrage der Schaden rund elf Millionen Euro. Dass das Geschäft brummte, zeigten die insgesamt rund 30 Millionen SMS, die auf die Lock-Angebote an die von den Beschuldigten kontrollierten Kurzwahlnummern geschickt wurden.