Bremens Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) überrascht nicht nur seine Partei sondern auch Regierungspartner SPD und die Opposition.

Bremen. Bremens Umweltsenator Reinhard Loske (Grüne) hört nach vier Jahren im Amt überraschend auf. Er werde dem neuen Senat nicht mehr zur Verfügung stehen, sagte Loske am Mittwoch in Bremen. Auch auf sein Bürgerschaftsmandat werde er verzichten. Nicht nur die Opposition und der Regierungspartner SPD wurden von der Ankündigung Loskes überrascht, sondern auch die Grünen selbst.

Loske sagte, die Gründe für seinen Rückzug seien persönlicher Natur. Nach 13 Jahren politischer Verantwortung im Bundestag und nach vier Jahren im Bremer Senat wolle er sich neu orientieren. Als Umwelt- und Verkehrssenator habe er versucht, die nachhaltige Entwicklung in Bremen "nach besten Kräften zu fördern“. Für seine Verkehrspolitik, die nicht immer die Interessen der Autofahrer in den Vordergrund stellte, war Loske von der Opposition scharf kritisiert worden.

Die beiden Grünen-Vorsitzenden Susan Ella-Mittrenga und Karin Mathes bedauerten Loskes Entscheidung. Sie hätten ihn als "exzellenten Politiker und Strategen“ erlebt, der in grünen Kernthemen wie Ökologie und Klimaschutz, Energiepolitik und Verkehrspolitik bundesweite Beachtung erlangt habe. Wie es nun weitergehe, müsse in den nächsten Tagen in der Partei beraten werden, kündigten beide an. Auch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) zeigte sich überrascht. Er respektiere den Schritt aber.

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Der am Montag von seinem FDP-Vorsitz zurückgetretene Oliver Möllenstädt warf Loske „vorsätzliche Täuschung“ der Wähler vor. "Zunächst stellt Loske sich als Kandidat den Bürgern zur Wahl. Dann nimmt er das Mandat nicht an. Das spricht nicht für die Glaubwürdigkeit der Grünen“, kritisierte Möllenstädt. Das Verhalten sei „schädlich für die Demokratie“.

CDU-Chef Thomas Röwekamp sagte, der Senator habe seine Entscheidung sicher nicht über Nacht gefällt. "Es wäre ehrlicher gewesen, den Rückzug schon vor dem 22. Mai anzukündigen und auf eine Kandidatur zu verzichten“, sagte Röwekamp. Der Rückzug Loskes sei „ein schlechter Start für die rot-grüne Koalition“. SPD und Grüne wollen am Sonntag mit ihren Koalitionsverhandlungen beginnen. Das Endergebnis der Bürgerschaftswahl vom 22. Mai wurde für Mittwochabend erwartet.

Die Wahlbeteiligung sank laut Hochrechnung des Landeswahlamtes auf 55,5 Prozent (2007: 57,6 Prozent). Nach Einschätzung der Organisation "Mehr Demokratie“ ist das jedoch nicht auf das neue Wahlrecht zurückzuführen. Eine sinkende Wahlbeteiligung sei ein seit Jahren bundesweit zu beobachtender Trend, sagte Tim Weber von "Mehr Demokratie“, der Initiator des Volksbegehrens war, das zur Einführung des neuen Wahlrechts in Bremen führte. Eine Wechselstimmung, die erfahrungsgemäß zu hoher Beteiligung führe, habe es nicht gegeben.

Landeswahlleiter Jürgen Wayand sagte, die verschiedenen Möglichkeiten der Stimmvergabe seien vielfältig genutzt worden. 40 Prozent der Stimmen seien Personen und nicht der Liste gegeben worden. Dies sei ein sicheres Indiz dafür, dass die Wähler das neue Wahlrecht verstanden und stark genutzt hätten. Viele Kandidaten auf hinteren Listenplätzen seien von den Wählern "hochgewählt“ worden seien. Mit dem neuen Wahlrecht hatte jeder Wahlberechtigte fünf Stimmen, die er an die Kandidaten oder Parteien der Listen verteilen konnte.

Rund vier Prozent der Stimmen seien ungültig, sagte Wayand. "Damit musste man rechnen“, sagte er. Bei der Landtagswahl 2007 hatte die Anzahl der ungültigen Stimmen bei knapp 1,4 Prozent gelegen.

Von Janet Binder