Die Nationalparks im ehemaligen Grenzgebiet sind seit 20 Jahren eins der größten Naturschutzprojekte der Bundesrepublik.
Ratzeburg. Für ein länderübergreifendes Biosphärenreservat in Norddeutschland will sich der Zweckverband Schaalsee-Landschaft einsetzen. Bei einer Festveranstaltung zum 20-jährigen Bestehen des Naturschutzverbandes am Mittwoch in Ratzeburg (Schleswig-Holstein) sprachen sich die norddeutschen Umwelt- und Agrarminister für eine Erweiterung des bislang nur in Mecklenburg bestehenden Unesco-Reservats Schaalsee auf den Westteil des ehemaligen Grenzgewässers aus. Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsministerin Juliane Rumpf (CDU) sagte, dazu müssten noch Kommunen, Bauern und Grundeigentümer überzeugt werden. Diese fürchteten unter anderem Flächenverluste und zu starke Reglementierungen, sagte sie.
Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) betonte, das Biosphärenreservat solle – künftig grenzübergreifend – eine Modellregion für nachhaltige Landwirtschaft werden. Er forderte mehr Unterstützung des Bundes für den Erhalt der Naturräume Norddeutschlands: „Wir brauchen bundesweit auch einen ökologischen Finanzausgleich.“ Der Leiter der WWF-Naturschutzstelle Mölln und Mitinitiator des Projekts, Thomas Neumann, sagte: „Ein länderübergreifendes Biosphärenreservat Schaalsee ist unsere große Vision.“
Die Region um den 24 Quadratkilometer großen See war bis 1990 unterentwickeltes Niemandsland, wie Klaus Jarmatz, Amtsleiter des Biosphärenreservats in Zarrentin (Kreis Ludwigslust), sagte. Doch seit dem Fall des Eisernen Vorhangs hätten sich rund um den tiefsten See Norddeutschlands neue Betriebe und Bewohner angesiedelt, entdeckten immer mehr Touristen die bislang wenig bekannte Wildnis. „Im Schatten des Naturschutzes haben sich am Schaalsee Netzwerke gegründet und eine neue Region etabliert. Wirtschaftliche Kooperationen lassen Grenzen schmelzen“, sagte Jarmatz.
Mit rund 26 Millionen Euro vom Bund und den Ländern kaufte der 1991 gegründete Zweckverband Schaalsee-Landschaft bis 2009 rund 4500 Hektar Flächen (45 Quadratkilometer) in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern für Naturschutzzwecke auf. Vor allem wurden die Kernzonen des Biosphärenreservats in Mecklenburg gesichert, aber auch Weiden, Grünland und Aufforstungsgebiete übernommen, wie es hieß. In Mecklenburg genießt ein 309 Quadratkilometer großes Areal mit dem Ostteil des bis zu 72 Meter tiefen Schaalsees seit 2000 den Status eines Unesco-Biosphärenreservats. Die Kernzonen sind für Besucher gesperrt.
Nach Worten von Jarmatz war ein grenzüberschreitendes Schutzgebiet schon einmal Mitte der 90er Jahre am Widerstand im Westen gescheitert. „Das Reservat ist kein Museum, sondern eine Modellregion für nachhaltige Entwicklung“, betonte Jarmatz. Nur 5,5 Prozent des Gebietes gehörten zur Kernzone, die sich selbst überlassen werde. Insgesamt 25 Prozent seien Schutzgebiete, weit mehr als die Hälfte des Reservats aber hochproduktive Ackerflächen. Rund 400 Kilometer Wander- und Radwege im Ostteil lockten zunehmend Touristen an.