Stationäre Brennstoffzellen nutzen Erdgas effizienter als Heizungen. Aber sie werden nicht vor 2015 marktreif sein.
Ein weltweit einmaliger Praxistest soll eine klimaschonende Alternative zum Kraftwerkstrom und dem heimischen Heizkessel auf den Weg bringen: Im Rahmen des Projekts "Callux" erproben Techniker Brennstoffzellen, die in Wohnhäusern sowohl Strom als auch Heizenergie liefern. Mittlerweile sind 800 Geräte im Feldtest in Betrieb, bis 2012 sollen weitere folgen. Das Bundesbauministerium startete das auch von der Hamburger Umweltbehörde unterstützte Leuchtturmprojekt im September 2008. Einen Großteil der Kosten tragen die Energiekonzerne E.on, EWE, EnBW, MVV und VNG sowie die Heizungshersteller Hexis, Vaillant, Viessmann und der Hamburger Brennstoffzellenentwickler Baxi Innotech.
Brennstoffzellenheizgeräte für Eigenheime werden an das Erdgasnetz angeschlossen. Das Gas (der umweltverträglichste fossile Energieträger) wird in einem vorgeschalteten Reformer in Kohlendioxid und Wasserstoff umgewandelt. Der Wasserstoff strömt in die Brennstoffzelle und reagiert dort auf dem Wege der sogenannten kalten Verbrennung mit Luftsauerstoff zu Wasser. Dabei werden Gleichstrom, der über einen Wechselrichter das heimische Stromnetz speist, und Wärme erzeugt. Überschüssige Heizenergie wird im Wassertank gespeichert. Da dies seine Grenzen hat, muss die Brennstoffzelle im Sommer gegebenenfalls ihre Leistung herunterfahren. Nutzer, die viel Wärmeenergie benötigen, profitieren deshalb besonders vom Brennstoffzellengerät.
Durch die gleichzeitige Produktion von Strom und Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung) können bis zur Hälfte der CO2-Emissionen im Vergleich mit herkömmlichen Brennwert-Heizgeräten eingespart werden, das zeigte bereits der Feldtest von "Callux". Doch bis zur Marktreife werden noch einige Jahre vergehen, betont Guido Gummert, Geschäftsführer von Baxi Innotech. Das Hamburger Unternehmen entwickelt seit 1994 Brennstoffzellengeräte für Haushalte. Vor 2015, so Gummert, sei ein für Verbraucher attraktiver Preis unter 15 000 Euro kaum zu erreichen. Dieses Preisniveau entspricht in etwa der Alternative Solaranlage plus moderner Brennwert-Heizung.
"Die Brennstoffzellenheizung ist ja ein Substitutionsprodukt. Daher ist natürlich auch kostentechnisch ein Annähern an die Konkurrenz vonnöten", sagt Dr. Bernd Emots vom Institut für Energieforschung (IEF) in Jülich. "Kosten und Lebensdauer der Brennstoffzellen sind die beiden Punkte, mit denen es seit jeher Schwierigkeiten gibt. Die Lebensdauer der Geräte wird von den Unternehmen generell zu optimistisch eingeschätzt. Dadurch wurden Ankündigungen immer wieder nicht eingehalten und in den Testphasen nicht ausreichende Fortschritte für den Markteintritt gemacht."
"Ein sehr unterschätztes Problem bestand darin, dass es für wichtige Bestandteile, nehmen wir eine bestimmte Pumpe, keine Hersteller gab, die diese passende Komponente liefern konnten", sagt Prof. Wolfgang Winkler, Brennstoffzellenexperte an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Es dauere seine Zeit, bis die Produktion und Technik auf dem gewünschten Stand seien, um 2010 müsse sich "die Spreu vom Weizen getrennt haben, sonst werden die Investoren langsam unruhig".
In Hamburg laufen derzeit fünf "Beta 1.5 Plus"-Prototypen (Spitzenleistung: 1,5 Kilowatt elektrisch) von Baxi Innotech im Probebetrieb. Der Prototyp wird seit Mitte 2007 in Einfamilienhäusern getestet und bringt es auf 5000 Betriebsstunden im Jahr (zum Vergleich: Herkömmliche Kesselanlagen laufen jährlich 1500 bis 2000 Stunden). Die "Beta 1.5 Plus"-Geräte decken gut 70 Prozent des Strombedarfs im Einfamilienhaus.
Auf der ISH (Internationale Sanitär- und Heiztechnikmesse) in Frankfurt/Main, einer der weltweit führenden Messen für Energie- und Klimatechnik, wird Baxi Innotech im März die nächste Generation ihrer Brennstoffzellenheizgeräte präsentieren. Im Winter 2009/2010 soll das neue Modell in den Feldtest gehen und Guido Gummert und seinem Team letzte technische Rahmenbedingungen für den Markteintritt liefern.
Doch selbst wenn die Brennstoffzelle allmählich in Schwung kommt, wird der alte Heizkessel nicht zum alten Eisen gehören. Im Gegenteil: Die neue Technik ist preislich am erschwinglichsten, wenn ein konventioneller Brenner parat steht, um im Winter den Spitzenwärmebedarf abzudecken.