Körber-Preis: Verleihung im Rathaus. Der britische Experimentalphysiker Philip Russell erhält heute den renommierten Wissenschaftspreis. Im Oktober wechselt der Forscher nach Deutschland.

Vor 20 Jahren, als ich an der Technischen Universität Hamburg-Harburg forschte, hätte ich nie gedacht, daß ich eines Tages einen so wertvollen Preis hier in Hamburg erhalten würde", sagte der britische Forscher, Prof. Philip St. John Russell auf dem 30. Hamburger Wissenschaftsforum im April diesen Jahres.

Heute wird der geniale Wissenschaftler im Hamburger Rathaus mit dem renommierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft ausgezeichnet. Er erhält den Preis, weil er Glasfaserkabel zu "magischen" Fasern machte. Das Preisgeld von 750 000 Euro will er nutzen, damit aus seinen magischen Fasern wirklich Mini-Laser mit beliebiger Lichtfarbe, extrem genaue Uhren, hochempfindliche Sensoren für Umweltüberwachungen, neue Instrumente zur Erforschung von Zellen und ihren Stoffwechselprodukten oder biochemische Sensoren entstehen, die beispielsweise Blutzucker messen können - und diese Forschung wird Russell in Deutschland, genauer an der Universität Erlangen-Nürnberg machen.

Philip Russell hat im Mai den Ruf auf den neu eingerichteten Alfried von Krupp und Bohlen Halbach-Stiftungslehrstuhl für Experimentalphysik am Institut für Optik, Information und Photonik angenommen. Ab Oktober wird er dort auch arbeiten. Gleichwohl wird er auch in Zukunft eng mit seinem Team an der Universität Bath, an der seit 1996 forscht, zusammenarbeiten.

Die magischen Fasern sind eine geniale Kombination von Glasfasern und klitzekleinen Bausteinen, sogenannten "photonischen Kristallen". In der Natur verleihen ähnliche Strukturen Schmetterlingen ihre wunderschönen blauen Flügel, weil sie das Licht unterschiedlich stark reflektieren. Die künstlichen Verwandten eröffnen ungeahnte Möglichkeiten, mit Licht zu spielen, es auf neue Wege zu schicken und in neue Dimensionen vorzustoßen. Die geniale Idee, diese Kristalle und Glasfasern zu kombinieren, kam Philip Russel 1991, "als ich gerade einmal nichts zu tun hatte". Er fügte zusammen, woran er im Verlauf seines Lebens bis dahin länger gearbeitet hatte. Photonische Kristalle erforschte er von 1982 bis 1984 als Alexander-von-Humboldt-Stipendiat an der Technischen-Universität Hamburg-Harburg; mit Glasfasern beschäftigte er sich von 1986 bis 1989 an der University of Southhampton.

Wenn es gelänge, eine Glasfaser zu konstruieren, die ähnlich wie ein photonischer Kristall aufgebaut wäre, dann könnte sie nicht nur Licht leiten, sondern auch Licht verändern, überlegte der kreative, ja visionäre Wissenschaftler. "Das hatte nur bis dahin noch niemand versucht, und alle, denen ich meinen Plan erzählte, lachten mich aus", erzählt er schmunzelnd.

Heute lacht niemand mehr darüber. Vielmehr arbeitet der Spitzenwissenschaftler, der eine beträchtliche Zahl von Patenten hat, mit 60 bis 70 Forscherteams und Anwendern rund um den Globus zusammen, die alle von seiner Idee profitieren. Weltweit forschen knapp 2000 Wissenschaftler in rund 200 Arbeitsgruppen an dieser Zukunftstechnologie.

Von der Idee bis zur Realisation der "photonic crystal fibres" (PCF) vergingen vier Jahre. 1995 stellte der damals 42 Jahre alte britische Forscher die ersten "magischen Fasern" her. Heute produziert eine Firma in Dänemark diese begehrten PCFs. "Die Produktion können Sie sich vorstellen wie die Herstellung von Zuckerwatte, nur daß jede einzelne Faser anschließend geordnet ist", so der Preisträger. Diese Zuckerwatte wird unseren Alltag revolutionieren wie das Internet oder das Handy.

Philip Russell hat derweil den Kopf schon voller neuer Ideen, die nichts mit Glasfasern zu tun haben. Doch darüber will er noch nichts sagen, so der visionäre Forscher.

Der Körberpreis im Internet: www.koerber-stiftung.de/foerderung/koerber-preis/index.html