Hamburg. Hamburger Forscherin verbessert Simulation zur Sturmflutvorhersage an Küsten. Überflutungsgebiete exakter vorherzusagen ist das Ziel.

Hochwasseralarm! Bei Sturmflutwarnung müssen Küstenbewohner gefährdete Gebiete verlassen. Doch wer sollte sein Haus räumen, wer kann bleiben? Die Folgen einer Fehleinschätzung wären unter Umständen schlimm. Mein neues Rechenmodell könnte bald dazu beitragen, Überflutungsgebiete exakter vorherzusagen. Das könnte besonders für die Zukunft wichtig sein, denn durch den Anstieg des Meeresspiegels ist es möglich, dass Sturmfluten häufiger höher auflaufen.

Eine Evakuierung ist eine radikale Maßnahme. Dennoch steht außer Frage, dass die Sicherheit der Menschen an erster Stelle stehen muss und somit kein zu kleines Gebiet evakuiert werden sollte. Gleichzeitig entstehen hohe Kosten, die umso höher sind, je größer das Gebiet ist. Fällt eine angekündigte Flut dann doch harmloser aus, könnten „unnötig“ weiträumige Evakuierungen außerdem zu Frust bei den Betroffenen führen. Wiederholt sich dies, schwindet womöglich das Vertrauen in Hochwasserwarnungen. Besonders wichtig ist es also, das tatsächliche Überflutungsgebiet möglichst exakt vorherzusagen.

Im Klima-Exzellenzcluster CliSAP entwickeln meine Kollegen und ich mathematische Modelle, mit denen wir solche Extremszenarien simulieren und in Computerprogramme umsetzen können. Eine Grundlage für unsere Modelle sind die sogenannten Flachwassergleichungen. Diese mathematische Formel beschreibt die Bewegungen des Wassers physikalisch unter vereinfachten Bedingungen. Doch für die wechselhaften Vorgänge an den Küsten ist dies noch zu ungenau. So muss ich zusätzlich die Länge der ankommenden Wasserwelle beachten. Ist die Welle kurz, breitet sie sich langsamer aus. Eine lange Welle breitet sich hingegen schneller aus. Um genauer simulieren zu können, wann die Wasserwellen mit welcher Höhe an der Küste eintreffen, möchte ich diesen Aspekt in die Berechnung miteinbeziehen.

Zur Verfügung stehen mir zwei Gleichungen, die diesen Einfluss der Wellenlänge beschreiben: die sogenannte Boussinesq-Gleichung und eine neuere Korrekturgleichung. Beide haben Vor- und Nachteile. Welche ist für mein Rechenmodell besser geeignet? Mit der Boussinesq-Gleichung bin ich auf der sicheren Seite. Sie wurde 1872 entwickelt, ist seither oft verwendet worden und beschreibt die physikalischen Abläufe gut. Allerdings ist der Einfluss der Wellenlänge hier so kompliziert dargestellt, dass sie sich nicht flexibel in mein Modell einbauen lässt.

Die Korrekturgleichung hingegen behandelt die Wellenlänge so, dass mein Rechenmodell damit ohne größere Umstände erweitert werden kann. Andererseits ist diese Gleichung relativ jung, damit weniger etabliert – und dazu noch unpräzise in der physikalischen Darstellung.

Um diese Ungenauigkeit zu beheben, habe ich die Korrekturgleichung so verändert, dass sie die Abläufe physikalisch besser beschreibt. Ein erster Vergleich für einen einfachen Fall zeigt Erstaunliches: Die von mir verbesserte Korrekturgleichung liefert dieselben exakten Ergebnisse wie die Boussinesq-Gleichung. So steht uns in ­Zukunft mit Hilfe der Mathematik ein flexibles Werkzeug zur Verfügung, dass an Küsten genauere Vorhersagen erwarten lässt.

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