Hamburger Wissenschaftler errechnen mit regionalen Modellen, welchen Einfluss der Klimawandel hat

Hamburg. Für schwer zugängliche Regionen rekonstruieren Wissenschaftler das Klima und mögliche Veränderungen mit Computermodellen – denn Beobachtungsdaten sind rar. Für Sibirien lagen bisher nur sehr grobe Rekonstruktionen vor. Berechnet wurden sie mit sogenannten Globalmodellen. Diese ermitteln unterschiedliche Parameter wie Schneebedeckung oder Lufttemperatur – für die gesamte Erdoberfläche und für lange Zeiträume. So erhält die Wissenschaft Daten, die das Klima und seine Änderungen auch für abgelegene Regionen beschreiben. Aufgrund der groben Auflösung bleiben viele Details jedoch unsichtbar.

Um auch kleinräumige Veränderungen zu erkennen, habe ich zusammen mit meinen Kollegen vom Exzellenzcluster CliSAP jetzt erstmals ein regionales Klimamodell für dieses Gebiet angewendet. Regionale oder lokale Unterschiede lassen sich damit genauer als mit einem Globalmodell beschreiben, sogar zwischen benachbarten Gebirgstälern. Das erfordert einen höheren Arbeits- und Rechenaufwand – und es gilt zu prüfen, ob sich dies lohnt.

Trotzdem ist es wichtig, das globale Klima zu kennen, denn es muss für die detaillierte Rekonstruktion sozusagen als Randbedingung zur Verfügung stehen. Deshalb habe ich das regionale Modell in das globale eingebettet – es funktioniert quasi als Lupe, mit der ich in das gröbere Modell hineinzoomen kann. Auf diese Weise habe ich die Schneebedeckung für die letzten sechzig Jahre errechnet. Für Sibirien ein Parameter, aus dem sich wichtige Rückschlüsse ziehen lassen. Denn Schnee reflektiert 90 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie. Eine dunkle Landoberfläche hingegen nur 20 bis 40 Prozent. Das hat Einfluss auf die Temperatur der Luft, des Bodens und des Wassers – und somit auf das gesamte Klimasystem.

Die Rechnungen für meine Untersuchung hat der Supercomputer Blizzard im Deutschen Klimarechenzentrum übernommen. Die Ergebnisse habe ich ausgewertet und festgestellt: Die genauere Berechnung des sibirischen Klimas mit dem Regionalmodell hat sich gelohnt. Wir haben nun detailliertere und damit realistischere Daten der Schneebedeckung Sibiriens vorliegen – flächendeckend und für jeden einzelnen Tag der vergangenen 60 Jahre.

Meine Auswertungen zeigen, dass die Änderungen der Schneebedeckung regional und zeitlich sehr viel unterschiedlicher sind, als bisherige Berechnungen gezeigt haben. Vor allem in Teilen des nordwestlichen Sibiriens hat die Schneebedeckung im Winterhalbjahr abgenommen. Die Klimaänderung ist also offensichtlich, und das könnte Folgen haben: Taut der Permafrostboden Sibiriens auf, werden zusätzliche Treibhausgase frei – die globale Erwärmung könnte sich verstärken. Auch die Eisbedeckung des Meeres und damit die Schifffahrtsrouten könnten sich ändern, wenn sich das Klima Sibiriens dauerhaft erwärmt.

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