Alzheimer, Ebola und Operationen der Bauchspeicheldrüse: Dies waren die Themen der drei ausgezeichneten Arbeiten, die Wissenschaftssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt als „exzellent und menschlich“ würdigte.
Hamburg. Hohe Auszeichnung für Hamburger Mediziner: Der Dr.-Martini-Preis für herausragende Leistungen in der medizinischen Forschung geht in diesem Jahr gleich an fünf junge Wissenschaftler.
Alle Preisträger arbeiten im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE). Die renommierte Auszeichnung ist der älteste Medizinpreis Deutschlands und geht zurück auf den Chirurgen Dr. Erich Martini, der am 12. Februar 1880 im Alter von 36 Jahren an einer Blutvergiftung starb.
Die in diesem Jahr ausgezeichneten Forschungsarbeiten „orientieren sich im besten Sinne am Namensgeber des Preises: exzellent und menschlich“, sagte Wissenschaftssenatorin Dr. Dorothee Stapelfeldt bei der Preisverleihung. Der Arzt sei so beliebt gewesen, dass die Bestürzung über seinen plötzlichen Tod stadtübergreifend war. Zu seinem Andenken gründeten Freunde, Kollegen und Patienten die Martini-Stiftung, die den Preis seit 1883 jährlich am Todestag des Chirurgen an Nachwuchs-Wissenschaftler vergibt, die in Hamburger Krankenhäusern tätig sind.
Hervorragende Forschungsleistungen nahe am Patienten
Den ersten Preis, der mit 3000 Euro dotiert ist, erhält in diesem Jahr Dr. Diego Sepulveda-Falla, 39, vom Institut für Neuropathologie. Den zweiten Preis (2000 Euro) teilen sich die Infektiologen Dr. Benno Kreuels, 34, von der I. Medizinischen Klinik und Privatdozent Dr. Dominic Wichmann, 40, von der Klinik für Intensivmedizin mit den Chirurgen Dr. Faik G. Uzunoglu, 32, und Dr. Matthias Reeh, 33, von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie.
Ab dem kommenden Jahr finanziert die Hamburgische Stiftung für Wissenschaften, Entwicklung und Kultur, Helmut und Hannelore Greve, für fünf Jahre die Preisgelder in Höhe von jährlich 5000 Euro. In diesem Jahr hat Prof. Ansgar Lohse, Vorsitzender des Kuratoriums der Dr.-Martini-Stiftung und Direktor der I. Medizinischen Klinik, den bisher mit 3000 Euro dotierten Preis auf 5000 Euro aufgestockt.
Der Preis sei eine Anerkennung für hervorragende Forschungsleistungen nahe am Patienten. Er solle die jungen Kollegen auch ermutigen, den wissenschaftlichen Weg als forschende Ärzte weiterzugehen, sagte Prof. Lohse.
Der aus Kolumbien stammende Arzt Dr. Sepulveda-Falla erhält die Auszeichnung für seine Forschungen zu der seltenen erblichen Form der Alzheimererkrankung, die nur ein Prozent der Erkrankten betrifft. Der Wissenschaftler und seine Kollegen konnten bei diesen Patienten erstmals einen Zusammenhang zwischen Störungen der Bewegungskoordination und Schäden im Kleinhirn zeigen. Ursache ist eine Genmutation, die die Funktion der Mitochondrien, den „Kraftwerken“ in der menschlichen Zelle, stört sowie den Kalziumstoffwechsel in den Nervenzellen des Kleinhirns. Störungen der Bewegungsabläufe treten bei vielen Patienten mit dieser erblichen Form der Alzheimererkrankung oft schon auf, bevor sich die für eine Demenz typischen geistigen Defizite bemerkbar machen.
Preis für Fallbericht über im UKE behandelten Ebola-Patienten
Viel Beachtung fand bereits der mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Fallbericht der Infektiologen Kreuels und Wichmann über den im UKE behandelten Ebola-Patienten. Der Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte sich während seiner Arbeit im Epidemiegebiet in Westafrika infiziert und war zur Behandlung ins UKE gebracht worden. In ihrem Bericht beschreiben die beiden Forscher nicht nur die Heilung des Patienten durch die Möglichkeiten der modernen Intensivmedizin, sondern auch den Verlauf dieser Erkrankung, die bei dem Patienten mit zahlreichen Komplikationen einherging, insbesondere mit einer Blutvergiftung. Die Forscher hoffen nun, dass ihre Erkenntnisse auch die Behandlung der Infektion in den Epidemiegebieten verbessern können.
Der Zustand des Patienten im UKE habe sich nach einer ersten Phase der Verbesserung durch eine Blutvergiftung mit multiresistenten Keimen erneut verschlechtert, sagte Kreuels. „Das erste Antibiotikum, das in solchen Fällen auch in Afrika gegeben wird, hat nicht gewirkt. Erst ein zweites Antibiotikum zeigte Wirkung“, sagte der Wissenschaftler. Auch in Afrika sieht man, dass die Patienten sich teilweise unter der Therapie zunächst verbessern, dass ihr Zustand dann aber wieder schlechter wird und sie schließlich versterben. „Diese 2. Phase könnte auch durch eine Blutvergiftung mit Bakterien bedingt sein, die man mit Antibiotika behandeln kann“, ergänzte Wichmann.
Die Infektion grassiert nach wie vor in Guinea, Sierra Leone und Liberia und greift nach Angaben der WHO wieder stärker um sich. Die Zahl der Neuerkrankungen sei in der zweiten Woche in Folge gestiegen, teilte die WHO am Mittwoch mit. Insgesamt infizierten sich in den drei Ländern knapp 22.900 Menschen mit dem Virus, rund 9.200 Menschen starben an der Infektion.
Risikofaktoren bei Operationen der Bauchspeicheldrüse
Die Chirurgen Uzunoglu und Reeh erhielten die Auszeichnung für ihre Forschung zu Risikofaktoren bei Operationen der Bauchspeicheldrüse, die zu den kompliziertesten Eingriffen in der Bauchchirurgie gehören. Die beiden Ärzte entwickelten eine Methode, mit der das Risiko eines solchen Eingriffs bereits vor der Operation anhand bestimmter Faktoren individuell bestimmt werden kann. Ihre Hoffnung ist, dadurch die Therapieplanung bei solchen Eingriffen verbessern und damit die Komplikations- und Sterblichkeitsraten bei Operationen der Bauchspeicheldrüse weiter senken zu können.
„Um unsere Vorhersage treffen zu können, erheben wir acht Risikofaktoren“, sagt Dr. Reeh. Dazu zählen: ein schlechter Ernährungszustand, krankhaft veränderte Puls- und Blutdruckwerte, Blutarmut, Entfernung von großen Anteilen der Drüse, schlechter Allgemeinzustand des Patienten, eine Notfalloperation statt eines geplanten Eingriffes und die Situation, dass die Bauchspeicheldrüse durch den Tumor eines anderen Bauchorgans in Mitleidenschaft gezogen wird.