Olaf Scholz kündigte am Freitag den Aufbau einer digitalen Lernplattform aller Hochschulen der Stadt an. AStA befürchtet, dass die Maßnahmen zulasten der Qualität gehen.
Hamburg. Das Internet und Online-Medien gehören für die meisten Studierenden längst zum Alltag – doch in der Lehre an Hamburgs Hochschulen wird die Digitalisierung bisher kaum berücksichtigt. Das soll sich bald ändern: Wie Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Freitag ankündigte, ist eine gemeinsame Lernplattform aller Hamburger Hochschulen im Internet geplant, von der nicht nur Studierende, sondern auch normale Bürger profitieren sollen. Der Arbeitstitel laute „Hamburg Open Online University“, sagte Scholz auf der Konferenz „Campus Innovation“ in Hamburg.
Der Vorschlag stammt aus einer vom Senat eingesetzten Arbeitsgruppe, in der auch Vertreter aller Hamburger Hochschulen sitzen. Dem Bürgermeister zufolge arbeiten die Teilnehmer an einer digitalen Strategie für die Hansestadt und die Hochschulen. Es gehe nicht darum, „jetzt hektisch ein paar Online-Kurse anzubieten“. Vielmehr sei ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, sagte Scholz. Denkbar seien „vielfältige Lernszenarien“, über die nun diskutiert werde. Dafür müssten sich die Dozenten fortbilden. „Nicht nur die ‚Digital Natives‘ unter den Professoren, sondern alle Lehrenden sollen die digitalen Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Lehre einsetzen“, sagte Scholz.
Für die Plattform und die Fortbildung der Lehrkräfte seien als Anschubfinanzierung zusätzliche Mittel in Höhe von 3,5 Millionen Euro in den Jahren 2015 und 2016 eingeplant. Eine Probeversion der Plattform soll im ersten Halbjahr 2015 stehen.
Wichtig sei ihm, dass die Stadt und die Hochschulen die Plattform selbst auf die Beine stellten und sie nicht von einem kommerziellen Anbieter betreiben ließen, sagte Scholz. Grundsätzlich solle die Lernplattform die traditionelle Lehre ergänzen. „Auch ausgefeilte technische Möglichkeiten können den direkten Kontakt zwischen Professoren und Studierenden nie ersetzen.“
Prof. Susanne Rupp, Vizepräsidentin der Uni Hamburg für Studium und Lehre, begrüßte das Vorhaben. „Wir freuen uns, dass der Bürgermeister die Initiative ergreift“, sagte sie.
Kritik kam von Moritz Lamparter, dem Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Hochschule. „Wir brauchen kleinere, projekt- und problemorientierte Seminare“, sagte er. „An allen Enden fehlt dafür das Geld. Wenn ich dann höre, wie über die Digitalisierung diskutiert wird und gleichzeitig langfristig gespart werden soll, kommt der Verdacht auf, dass Einzelne sich erhoffen, dadurch effektiv Geld zu sparen.“ Damit spielte er darauf an, dass das Budget der Hamburger Hochschulen zwar bis 2020 jährlich um 0,88 Prozent erhöht werden soll, den Hochschulen durch steigende Personalkosten und die Inflation unterm Strich aber sogar weniger Geld bleiben könnte als vorher. Da komme „der Verdacht auf, dass Einzelne sich (von der Digitalisierung) erhoffen, dadurch effektiv Geld zu sparen“, sagte Lamparter. Lamparter kritisierte zudem, dass an der Arbeitsgruppe bisher keine Studierenden beteiligt sind.
Scholz ging darauf nicht direkt ein, sondern verwies darauf, dass Hamburg innerhalb von zehn Jahren bis 2019 fast eine Milliarde Euro unter anderem für die Sanierung von Hochschulgebäuden und für Neubauten ausgeben werde.
Lamparter forderte auch „eine Debatte über Didaktik“. Hier war Scholz bei ihm: „Nur einen Vortrag ins Internet zu stellen ist kein Fortschritt“, sagte der Bürgermeister. Das Lernportal solle weit mehr bieten.
Auf der Plattform seien „unterschiedlichste didaktische Ansätze“ denkbar, hatte Scholz gesagt. Als Beispiel nannte er ein Vorgehen, das einige Hochschuldozenten bereits praktizieren: Der Professor stellt den Studierenden eine Aufgabe und lädt dazu Material auf die Onlineplattform hoch. Die Studierenden eignen sich dort Wissen an, bearbeiten Probleme gemeinsam – sowohl online, aber auch im Seminar. Bisher waren solche E-Learning-Angebote auf die Studierenden der jeweiligen Hochschule beschränkt – die neue Plattform soll solche Angebote für alle Hamburger Hochschulen und für die Öffentlichkeit öffnen.
Was genau dort in welcher Form angeboten werden werden soll und in welchem Umfang Bürger Zugang zu Vorlesungen, Seminaren und Lehrmaterialien bekommen könnten, ist noch unklar. „Es gibt keine festen Vorgaben, sondern wir wollen Schritt für Schritt klären, was sinnvoll ist“, sagte Scholz. Von einigen Lehrenden sei ein Umdenken gefordert, so der Bürgermeister. Es gebe bisher „nicht immer die Bereitschaft, Materialien ins Netz zu stellen“.
Scholz betonte, die Onlineplattform sei als Ergänzung der traditionellen Lehre gedacht. „Auch ausgefeilte technische Möglichkeiten können den direkten Kontakt zwischen Professoren und Studierenden nie ersetzen“, sagte er. Auch Uni-Vizepräsidentin Rupp glaubt, dass die Lernplattform „nicht zulasten dessen geht, was wir bisher in Studium und Lehre machen“.