Eine klinische Studie mit 20 bis 30 gesunden Erwachsenen unter Leitung einer UKE-Professorin soll Verträglichkeit zeigen. WHO verspricht gründliche Aufklärung zur Ausbreitung von Ebola.
Genf/Hamburg Vergangene Woche fehlten noch die letzten Informationen für eine Genehmigung, jetzt kann es losgehen: Im Kampf gegen Ebola wird nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Kürze auch in Deutschland ein Impfstoff getestet. Dabei handelt es sich um Teile der Charge von 800 Ampullen, die Kanada zur Verfügung gestellt hat, wie die stellvertretende WHO-Generaldirektorin Marie Paule Kieny am Dienstag in Genf sagte. Der Stoff, der laut Kieny beim Transport auf minus 80 Grad Celsius gekühlt werden muss, werde – verzögert durch den Lufthansa-Streik – voraussichtlich am Mittwoch zunächst nach Genf gebracht und von dort weiter an mehrere Testlabors, unter anderem in Hamburg, verteilt.
In der Hansestadt werde die klinische Studie unter der Leitung von Prof. Marylyn Addo, Leiterin der Sektion Tropenmedizin an der I. Medizinischen Klinik des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) laufen. Das sagte Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Institutes (PEI), gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Das PEI muss als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel die Genehmigung für die Erprobung des Impfstoffs erteilen.
Im UKE war vom 27. August bis zum 3. Oktober ein mit Ebola infizierter Mitarbeiter der WHO aus dem Senegal behandelt worden. Er konnte Hamburg geheilt verlassen. Näheres zu den eingesetzten therapeutischen und pflegerischen Maßnahmen will das Klinikum noch in dieser Woche bekanntgeben.
Zeitgleich könnte der Test des Impfstoffs starten. „Es werden etwa 20 bis 30 gesunde, erwachsene Personen an der Phase 1 der Klinischen Studie in Hamburg teilnehmen“, so Cichutek. Phase-1-Studien dienen vorrangig der Erforschung der Verträglichkeit des Wirkstoffs, jedoch auch der Erforschung von dessen Aufnahme im menschlichen Körper sowie der Wirkweise des Medikaments. So wird unter anderem beobachtet, ob die Studienteilnehmer ausreichend Antikörper bilden oder ob das Serum allergische Schocks auslöst.
„Die freiwilligen Teilnehmer an der Studie werden umfassend aufgeklärt und erhalten vollen Probandenschutz, was auch einen Versicherungsschutz einschließt“, sagte Cichutek. Bisher seien die nicht-klinischen Prüfungen des Impfstoffs an Altweltaffen (beispielsweise Meerkatzen und Pavianen) durchgeführt worden.
Eine erste Immunreaktion auf den Wirkstoff brauche vier bis sechs Wochen, bis sie sich ausbilde. Habe man diese analysiert, könne die Studie in Phase II und III gehen, in der es hauptsächlich um Dosierung und Wirksamkeit gehe. Zeitgleich mit den Probanden in Hamburg sollen auch Freiwillige in Genf, Kenia, Mali und Gabun in die klinische Studie einbezogen werden. „Wir stehen im Austausch mit allen Ländern“, sagte Cichutek. „In den USA zum Beispiel ist eine ähnliche Studie bereits angelaufen.“ Das gemeinsame Ziel ist, einen Impfstoff noch im Laufe des Jahres 2015 zur Zulassung zu bringen.
Dabei ruhen die Hoffnungen derzeit auf zwei Impfstoffen: dem GSK-Vakzine und dem VSV-Impfstoff. Der erste werde von US-Gesundheitsbehörden zusammen mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelt, der zweite von der öffentlichen Gesundheitsagentur Kanadas, sagte Kieny am Dienstag in Genf. Zudem seien auch in Russland Impfstoffe in der Entwicklung.
Kieny betonte, dass die Regierungen der von der Ebola-Epidemie betroffenen Länder darauf drängten, einen zugelassenen Impfstoff unmittelbar auch in der Realität einzusetzen. „Vielleicht kann der Impfstoff in den klinischen Studien in Afrika bereits nützlich sein“, sagte Cichutek. So könnten Menschen aus Risikogruppen wie zum Beispiel Ärzte oder Pflegepersonal in die Tests mit einbezogen werden. Zunächst werde es jedoch keine flächendeckenden Impfungen geben, weil die Dosen nicht in entsprechendem Umfang zur Verfügung stünden, betonte Kieny. Und auch der Präsident des PEI sagte, dass der Impfstoff hauptsächlich zur Vermeidung einer neuen Ebola-Epidemie zum Einsatz käme.
WHO verspricht gründliche Aufarbeitung
Währenddessen hat WHO-Sprecherin Fadela Chaib eine gründliche öffentliche Überprüfung von Fehlern der Organisation versprochen, die zu einer Ausbreitung der Seuche geführt haben könnten. Durch die Epidemie sind mittlerweile mehr als 4500 Menschen gestorben. Als Konsequenz aus der Ebola-Infektion zweier Pflegerinnen in Dallas verschärfte der US-Seuchenschutz die Vorschriften für die Behandlung betroffener Patienten. Durch zusätzliche Handschuhe, Masken und Kapuzen müsse künftig gesichert sein, dass die Schutzkleidung den Körper der Betreuer vollständig bedecke, erklärte die Seuchenschutzbehörde CDC am Montag. Zudem müsse immer eine Aufsichtsperson anwesend sein, wenn die Montur an- und abgelegt wird. Vorgeschrieben sind auch Schulungen für medizinische Fachkräfte.
Zum Schutz vor Ebola verlangt Ruanda von Reisenden aus den USA und Spanien Gesundheitsnachweise. Wer in den der Einreise vorangegangenen 22 Tagen in einem der beiden Länder gewesen sei, müsse den Behörden Bericht über seinen Gesundheitszustand erstatten, teilte die US-Botschaft in Ruanda mit. In dem Staat im Osten Afrikas gab es bislang keinen Ebolafall. In den USA und in Spanien hatten sich Menschen mit dem in Westafrika grassierenden Virus angesteckt, nachdem sie betroffene Patienten behandelt hatten.
Französische Forscher haben nach eigenen Angaben mittlerweile einen Schnelltest für das Ebola-Virus entwickelt. Mit dem Streifen in der Größe eines Schwangerschaftstests könne der Erreger innerhalb von 15 Minuten nachgewiesen werden, hieß es bei der staatlichen Atomforschungseinrichtung CEA in Paris. Als Grundlage für die Untersuchung mit dem „eZYSCREEN“ reiche ein Tropfen Blut, Plasma oder Urin. Aktuelle Tests dauerten bis zu zweieinhalb Stunden. Die Entwicklung des Schnelltests sei im August 2014 mit Blick auf die Epidemie in Westafrika begonnen worden. Für die klinischen Tests sollen bis Ende Oktober ausreichend Streifen produziert werden.