Die Zahl der Entbindungen hat sich in der Uniklinik seit 2003 fast vervierfacht. Jetzt wurden die Kapazitäten des Perinatalzentrums erweitert
Hamburg. Isabell Thérèse, Laura Marie und Sophie Madeleine sind wohlauf. Am Freitag vergangener Woche kamen sie im Perinatalzentrum des Universitätsklinikums Eppendorf per Kaiserschnitt zur Welt. Jedes der Babys war bei der Geburt rund 43 Zentimeter groß und 1800 Gramm schwer. Da sie sechseinhalb Wochen zu früh geboren wurden, werden sie jetzt noch im Inkubator auf der Neugeborenen-Intensivstation versorgt. Aber Mutter Tanja d’Heureuse, 32, ist glücklich und froh, dass es ihren Kindern gut geht.
Drillingsgeburten sind auch in so einem großen Geburtszentrum wie am UKE selten. „Im vergangenen Jahr waren es sechs, in diesem Jahr bisher fünf sagt Prof. Kurt Hecher, Leiter des Universitären Perinatalzentrums und Direktor der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin. Da die Zahl der Geburten im UKE immer mehr ansteigt – in den vergangenen zehn Jahren hat sie sich von 700 auf jetzt 2600 pro Jahr fast vervierfacht – hat das Perinatalzentrum jetzt seine Kapazitäten erweitert. Hinzugekommen sind zwei weitere Einzelzimmer auf der Pränatalstation, ein fünfter Kreißsaal, acht Betten auf der Wochenstation, drei weitere Beatmungsplätze auf der Neugeborenen-Intensivstation und rund 20 zusätzliche Ärzte und Pflegekräfte sowie zwei weitere Familienzimmer.
Damit gibt es in dem Zentrum jetzt vier Einzel- und sechs Doppelzimmer auf der Pränatalstation, zwei Einzel- und 15 Doppelzimmer auf der Wochenstation und 36 Betten für Neugeborene, 15 davon auf der Neugeborenen-Intensivstation und sechs Familienzimmer, in die sich die Eltern gleich nach der Geburt mit ihrem Nachwuchs zurückziehen können. Für die Erweiterung des Zentrums wurde eine Summe von 750.000 Euro investiert. Mit 2600 Geburten ist das UKE jetzt in Hamburg das zweitgrößte Zentrum, hinter dem Geburtszentrum des katholischen Marienkrankenhauses, in dem 2012 mehr als 2900 Kinder zur Welt kamen.
Das Zentrum ist mit seinen zahlreichen Spezialisten für alle Fälle gerüstet. „Wir sind sowohl für die Risikoschwangerschaften da als auch für normale Schwangerschaften“, sagt Hecher. Aber leider verlaufe nicht immer alles normal: Manche Komplikation bei der Geburt sei nicht vorhersehbar. Auf der anderen Seite gebe es Merkmale, die eine Risikoschwangerschaft vorhersehen lassen. In diesen Fällen setzen sich die Spezialisten schon frühzeitig zusammen und planen das weitere Vorgehen.
Dazu zählen zum Beispiel auch Eingriffe, die schon bei Babys im Mutterleib durchgeführt werden, wie das sogenannte Zwillingstransfusionssyndrom. Dabei haben die beiden Kinder gemeinsame Blutgefäße. Das führt dazu, dass eines der beiden Ungeborenen zu viel, das andere zu wenig Blut bekommt. Mit einem Lasereingriff kann Hecher diese Verbindungen veröden und so die Situation normalisieren. Etwa 100 solcher Fälle operiert er pro Jahr, bei betroffenen Frauen, die auch von weither zu ihm ins UKE kommen. Vorangetrieben werden sollen auch andere Eingriffe im Mutterleib, wie etwa bei einer sogenannten Zwerchfellhernie. Dabei wird dieses Loch im Zwerchfell operativ verschlossen. Auch die Kinderherzchirurgie spielt eine wichtige Rolle. „Jeder 100. Patient hat einen Herzfehler. Es ist ist die häufigste angeborene Fehlbildung“, sagte Privatdozent Dr. Siegmar Sachweh, Kinderherzchirurg des Universitären Herzzentrums am UKE. Viele dieser Kinder brauchen nach der Geburt eine intensivmedizinische Betreuung oder müssen bei schweren Herzfehlern sogar gleich operiert werden. „In unserem Zentrum können wir auch Patienten behandeln, die aufgrund ihres niedrigen Geburtsgewichts von weniger als 500 Gramm gar nicht verlegt werden können“, sagt Sachweh.
Dann gibt es noch die Kinderchirurgie mit zwei Schwerpunkten „die Behandlung von Frühgeborenen, die Probleme bekommen, zum Beispiel einen Leistenbruch oder einen Darmverschluss, und zum zweiten die operative Versorgung von angeborenen Fehlbildungen“, sagt Kinderchirurg Prof. Konrad Reinshagen.
„Mit den zur Verfügung stehenden Spezialisten können wir jederzeit eine optimale Versorgung gewährleisten“, sagt Prof. Dominique Singer, Leiter der Neonatologie und der Pädiatrischen Intensivmedizin im UKE. Wenn ein Baby zu früh auf die Welt kommt, bemühen sich Ärzte, Pflegekräfte und Hebammen, ihm den Frühstart ins Leben so angenehm wie möglich zu gestalten. „Die Frühgeborenenmedizin entwickelt sich immer mehr in Richtung einer sanfteren Medizin. Die Beatmungszeiten werden immer kürzer“, sagt Singer. Wichtig für die optimale Versorgung ist auch, dass alle Einheiten dicht beieinanderliegen. So befinden sich Kreißsaal, der OP für Kaiserschnitte und die Neugeborenen-Intensivstation Tür an Tür. Der Kreißsaal mit seinen violetten Wänden sei zudem nach Feng-Shui-Kriterien eingerichtet worden, sagte die leitende Hebamme Heike Molter: „Wir wollen eine Atmosphäre des Wohlfühlens schaffen.“ Mit seinen besonderen Versorgungsmöglichkeiten, wie etwa der in Hamburg einmaligen Kinderherzchirurgie, kann das UKE im Wettbewerb um die Gunst werdender Eltern sicher punkten. Denn heute versucht sich jedes Krankenhaus mit seinem Versorgungsangebot gut im Wettbewerb zu positionieren. „Es herrscht genereller Wettbewerb zwischen den Krankenhäusern. Jedes Krankenhaus bemüht sich, für die Patienten eine möglichst umfassende Versorgung anzubieten“, sagte Horst Judaschke, stellvertretender Geschäftsführer der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft.
Auch die Asklepios Klinik Altona wird ihr Perinatalzentrum erweitern: Dort wird es ab dem 1. November zusätzlich geben: fünf Betten auf der Neugeborenen-Intensivstation für die Altonaer Kinderklinik, drei Mutter-und-Kind-Zimmer, drei Kreißsäle, drei Wehenzimmer und zwei Entspannungsbäder. Ganz neu werden dort auch auch Familienzimmer eingerichtet.