Das Smartphone-Betriebssystem Android wird immer beliebter. Doch die Vielseitigkeit der Software hat auch Nachteile
Hamburg. Kleine grüne Männchen waren früher eine eher seltene Erscheinung. Heute sieht man sie immer öfter, stehen sie doch als Logo für Android, das weltweit derzeit meistverkaufte Smartphone-Betriebssystem. 550 000 Geräte mit der Software würden jeden Tag freigeschaltet, teilte Hersteller Google vor Kurzem mit. Nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens Gartner hatte Android im ersten Quartal 2011 einen Marktanteil von 36 Prozent - und lag damit weit vor Nokias Symbian (27 Prozent) und Apples iOS (16). Wie Google die Konkurrenz überholt hat? Durch Vielseitigkeit.
Das beginnt mit den Geräten. Während etwa Apples Betriebssystem nur für das iPhone programmiert ist, läuft Android auf den Geräten verschiedener Hersteller, auch auf günstigen Smartphone-Modellen. Und im Gegensatz zu Apple macht Google den Code seines Betriebssystems nach dem Open-Source-Prinzip vollständig öffentlich. Das Ergebnis: Externe Entwickler haben für Android mittlerweile 250 000 Apps - kleine Zusatzprogramme - geschaffen, von der Textverarbeitung bis zum Navigationssystem. Ein Großteil ist kostenlos. Apple bietet zwar mehr als 300 000 Apps, aber für viele dieser Anwendungen muss der Nutzer zahlen.
Zusätzlich zu Apps setzt Android verstärkt auf sogenannten Widgets. Im Gegensatz zu Apps, bei denen man eine Anwendung über ein Bildschirmsymbol (Icon) öffnet, sind Widgets kleine, auf dem Startbildschirm abgelegte Info-Fenster, die den Nutzer etwa über die aktuelle Wetterlage informieren. In der Regel sind sie mit einer App verknüpft, die man aber nicht eigens aufrufen muss, um an grundlegende Informationen zu kommen. Einige Widgets fassen mehrere oft verwendete Funktionen zusammen und sorgen auf diese Weise für Ordnung auf dem sonst mit Icons übersäten Display.
Doch die Vielseitigkeit von Android hat auch Nachteile. Mittlerweile sind acht verschiedene Betriebssystem-Versionen im Umlauf, von 1.5 bis zu den eigens für Tablet-PCs entwickelten Versionen 3.0 und 3.1. So kommt es, dass einige Apps nur mit bestimmten Versionen des Betriebssystems funktionieren. Und auf ein Update für eine höhere Version müssen die Kunden oft monatelang warten. Denn Google stellt die Android-Versionen nicht direkt online, sondern schickt sie an die Hersteller, die sich mit der Weitergabe dann häufig Zeit lassen.
In Online-Foren finden sich Tausende Einträge von Nutzern, die sehnsüchtig spekulieren, wann es so weit sein könnte. Allerdings lassen sich einige Funktionen, die bei den Android-Versionen unter 2.2 fehlen, per App nachrüsten, etwa das sogenannte Tethering. Diese Funktion macht es möglich, über die Datenverbindung des Smartphones mit anderen Geräten im Internet zu surfen.
Um sich von der Konkurrenz zu unterscheiden, nutzen die Smartphone-Hersteller den Quellcode des Betriebssystems, um eigene Dienste zu entwickeln, etwa eine Anzeige für Statusmeldungen aus sozialen Diensten wie Facebook oder eine eigene Benutzeroberfläche. Letzteres erleichtert zwar teilweise die Bedienung. Es führt aber auch dazu, dass sich Nutzer bei einem Gerätewechsel tagelang umgewöhnen müssen, weil zum Beispiel ein Android-Smartphone von Samsung den Nutzer anders führt als ein Modell von HTC oder Motorola.
Das größte Problem der Vielseitigkeit ergibt sich aber womöglich bei der Sicherheit. Während Apple jede App überprüft und es externen Anbietern auch schon einmal verweigert, ein Programm im App-Store anzubieten, gebe es solche Überprüfungen im sogenannten Android Market von Google in der Regel nicht, sagt Athanassios Kaliudis, Redakteur der Fachzeitschrift "Connect". "Die Offenheit von Android kann dazu führen, dass externe Entwickler leichter Apps anbieten können, die den Nutzer zum Beispiel ausspionieren." Der Sicherheitsaspekt sei auch ein Grund, warum Android-Smartphones zumindest bei Geschäftsleuten bisher nicht so weit verbreitet seien und man dort noch häufiger Blackberry-Smartphones oder iPhones finde.
Wie sollten sich Nutzer verhalten, um keine Probleme zu riskieren? Wer sich Apps auf dem Android Market von Google herunterlade, sollte zuvor zumindest einen Blick in die Erfahrungsberichte anderer Anwender werfen; neu eingestellte Apps seien mit Vorsicht zu genießen, rät Athanassios Kaliudis. "Je länger aber eine App schon angeboten wird und je mehr Nutzer sie positiv bewerten, desto eher kann man davon ausgehen, dass die Anwendung keine Probleme bereitet." Mehr Sicherheit böten die App-Plattformen der Smartphone-Hersteller. Dort würden zwar nur wenige Tausend Apps angeboten, aber dafür nur solche, die der Hersteller geprüft habe, sagt Kaliudis.
Trotz der genannten Nachteile scheint der Siegeszug von Android ungebrochen. Weiteren Auftrieb könnte dem Betriebssystem das soziale Netzwerk Google+ geben. Denn die dazugehörige App läuft nur auf Android-Geräten. Damit kann man etwa Bilder und Videos in ein privates Album auf den Google-Servern hochladen, sie dort bearbeiten und mit Freunden teilen.
Und was ist mit Googles neuem Betriebssystem Chrome OS? Das soll künftig auf Geräten mit Tastatur, also PCs und Notebooks, seinen Dienst tun. Nach Apple könnte es also bald auch Microsoft in seinem Kerngeschäft mit Google zu tun bekommen, einem Konzern, der einst als kleine Firma mit einer Internet-Suchmaschine gestartet war.