In einem 34-tägigen Experiment wurden irdische Flechten den gleichen Bedingungen ausgesetzt, wie sie auf dem Mars vorherrschen.
Berlin. Schon lange suchen Forscher nach Leben auf anderen Planeten. Rein theoretisch könnten sie das Leben auch selbst von der Erde in die fremde Umgebung mitnehmen. Denn Flechten könnten auch auf dem Mars überleben – ohne Gewächshaus und anderen Schutz. Das zeigt ein 34-tägiges Experiment von Planetenforschern des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin. Sie haben Flechten aus dem Hochgebirge und dem Polargebiet in einer Simulationskammer gehalten und Boden und Atmosphäre exakt den Marsbedingungen nachempfunden. Vor allem in Felsnischen, Spalten und Ritzen des simulierten Marsbodens erwiesen sich die Flechten als Überlebenskünstler: Sie passten sich an die künstliche Marsumgebung an und waren genauso aktiv wie in ihrer natürlichen Umgebung, beispielsweise der Antarktis. Das berichtet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
„Falls vor vier Milliarden Jahren auf dem Mars Leben entstand, könnte es also bis heute in Nischen im Marsboden überlebt haben“, sagt Jean-Pierre de Vera vom DLR, der Projektleiter für die Marssimulation. Die Existenz von Leben auf dem Mars werde damit plausibler. Für zukünftige Missionen zum Mars sei das Ergebnis daher eine deutliche Warnung: „Man muss extrem vorsichtig sein und keine irdischen Lebensformen auf den Mars bringen“, meint de Vera. „Sonst könnte man damit den Planeten kontaminieren.“
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Für ihren Versuch sammelten die Forscher Flechten aus den unwirtlichen Regionen der Erde: Sie stammten aus bis zu 3.500 Metern Höhe in den Schweizer Bergen sowie aus der Antarktis. „In unserer Marssimulationskammer haben wir diese Proben dann mehr als einen Monat lang in einem Mars-Klima beobachtet“, erläutert de Vera. Dafür stellten die Forscher aus verschiedenen mineralischen Bestandteilen zunächst einen Marsboden her – Erkenntnisse über seine Zusammensetzung sammelten unter anderem die Marsrover Opportunity und Spirit.
In der Kammer herrschte eine Atmosphäre wie auf dem Mars: Sie besteht zu 95 Prozent aus Kohlendioxid sowie zu vier Prozent aus Stickstoff und Spurengasen wie Argon oder Sauerstoff. Zudem sorgte ein Vakuumpumpsystem dafür, dass auf dem künstlichen Mars ein Luftdruck von lediglich sechs Millibar herrschte. So simulierten die Planetenforscher die geringe Atmosphärendichte auf dem Roten Planeten. Spezielle Strahlenquellen von UV bis Infrarot ahmten die solare Oberflächenstrahlung auf dem Mars nach. Zudem mussten die Organismen Temperaturschwankungen von minus 50 Grad Celsius bis plus 23 Grad Celsius überstehen.
Das Ergebnis: „Die irdischen Mikroorganismen betreiben selbst unter diesen schwierigen Bedingungen Photosynthese“, sagt Astrobiologe de Vera. Die Flechten bestehen aus Algen und Pilzen. Das für sie notwendige Wasser gewinnen sie aus der Luft: Jeweils am Morgen und am Abend eines Marstages schlägt sich dicht über der Bodenoberfläche Feuchtigkeit nieder, die die Flechten aufnehmen.
Für die Forscher bleibt allerdings eine Frage offen: „Wir wissen: 34 Tage könnten Flechten und Bakterien auf dem Mars überleben und aktiv sein“, sagt de Vera. Aber es sei unklar, ob die Organismen auch Jahre oder Jahrhunderte unter Marsbedingungen leben könnten. Diese Frage müsse weiter untersucht werden.